Er ist schon wieder ein paar Monate her, der Popsalon 8 in Osnabrück. Es ist das schönste Clubfestival, das die Stadt zu bieten hat. Zwischen Musik, Lesungen und Party war ich für noz.de drei Tage lang mit Stift und Kamera unterwegs. Dabei sind ein Haufen schöner Bilder entstanden, die ich der Welt nicht vorenthalten möchte. Gut, sie sind teilweise auch schon mal auf noz.de veröffentlicht worden, aber es ist nie der falsche Zeitpunkt, um ein bisschen in Erinnerungen zu schwelgen. Hier sind meine Lieblingsbilder vom Samstag.
Indie Experimente: Der Popsalon-Samstag
Gegen 20:30 Uhr starten KLAN in der Kleinen Freiheit in ihr Set. Dank Bilderbuch ist es nicht ganz so voll, wie es das Bruder-Duo Michael und Stefan aus Berlin mit ihrem souligen Mix aus Indie und Hiphop verdient hätten.
Diejenigen, die trotzdem hergekommen sind, wippen begeistert mit und saugen die sauber gebauten, sehr druckvollen Beats und nachdenklichen Texte andächtig auf. Streckenweise erinnern die Songs an alte Stücke von Clueso, nur mit noch etwas mehr Leidenschaft. Dem Publikum gefällt es so gut, dass KLAN spontan noch eine Zugabe geben. Das „Wann hast du Zeit“ sollte nach dem Konzert sicher ein paar neue Besitzer gefunden haben.
Im Haus der Jugend servieren später Isolation Berlin eine energetische Mischung aus melancholischen Indie-Popsongs und wütend energetischen Rocknummern. Filigrane Klangkonstrukte und tosende Gitarren- und Percussion-Wände geben sich bei der vierköpfigen Band die Klinke in die Hand. Angestachelt von der Dynamik steht im Saal kaum noch ein Bein still. Tanzen, hüpfen und begeistertes Mitgrölen wird gut eine Stunde die Lieblingsbeschäftigung des begeisterten Popsalon-Publikums.
Als Sänger Tobias Bamborschke gespielt Ernst das möglicherweise nahende Ende des Konzerts andeutet, protestieren der Saal lautstark.„Weiterspielen, immer weiterspielen!“ schallt es aus der Menge, bevor diese sich wieder in ein Meer aus begeistert tanzenden Körpern verwandelt. Bamborschke zum großen Finale todesmutig mittendrin.
Das große Finale in der Lagerhalle kommt schließlich von Warhaus, dem vierköpfigen Projekt des Balthazar-Sängers Maarten Devoldere. Zwischen mystisch urbanen Klanggebilden aus Loops, Percussion, verfremdeten Gitarren und Posaunenzügen schwebt der Belgier in düster rotem Licht über die Bühne und beschwört mit seinem Gesang immer wieder das Publikum. Es wirkt fast so, als wolle er es mit der sehr experimentell anmutenden Musik hypnotisieren. Treibende Beats und starke Samples tun ihr Übriges.
Mein Fazit zum Popsalon 8
Der Popsalon lebte in diesem Jahr musikalisch ebenfalls besonders von entdeckungswürdigen Indie-Sound-Experimenten und gefühlvoll energetischen Momenten für die Seele. So begeisterte der irische Singer-Songwriter Ryan O’Reilly am Freitagabend im Haus der Jugend mit viel Charisma, Humor und einer markanten Stimme, mit der er den Saal für eine gute Stunde in ein großes Wohnzimmer verwandelte. Gleichzeitig zeigte der gebürtige Kanadier Sam Vance-Law in der Lagerhalle, wie man provokativ, aber gleichzeitig humorvoll und charmant kontroverse Themen in bunten Indie-Popsongs verpackt. Begleitet von seiner dreiköpfigen Band sang Vance-Law von den nicht ganz jugendfreien Erlebnissen und Alltagsproblemen eines homosexuellen Mannes, die sonst auf seinem Konzeptalbum „Homotopia“ zu hören sind. Mutig und künstlerisch durchaus anspruchsvoll.
Als ein heimliches Highlight des Samstagabends entpuppte sich der Auftritt des Berliner Geschwisterduos KLAN in der Kleinen Freiheit, die mit ihrem soulig geprägten Mix aus Indie und Hiphop mit filigran konstruierten elektronischen Beats für wahre Begeisterungsstürme sorgten. Noch mitreißender zeigten sich dazu Isolation Berlin im Haus der Jugend. Fast wirkte der zum Ende hin regelrecht ekstatisch wütende Auftritt wie eine Homage an Joy Division, bei dem sich Sänger Tobias Bamborschke am Ende in ein Meer aus begeistert tanzenden, schwitzenden Körpern stürzte.
Neben dem vielseitigen Musikangebot bestach der Popsalon aber auch besonders durch seine familiäre, kollektiv entspannte Atmosphäre. Es gibt wohl nur wenige Festivals, bei denen sich immer wieder spontan kleine Fahrradkarawanen aus gut gelaunten Besuchern zusammentun, um gemeinsam quer durch die Stadt zum nächsten Konzert zu radeln, oder bei dem am dritten Tag das Einlasspersonal schon viele Besucher ausgelassen mit „Dich kennen wir ja schon. Viel Spaß!“ durchwinken kann.