Tag 2 beim Popsalon 7. Er steht im Zeichen musikalischer Kontraste. Entspannte Töne von Anna Depenbusch und Gisbert zu Knyphausen im Haus der Jugend, Indie-Rock und Party mit Giant Rooks und Razz in der Lagerhalle und abgedrehter Wiener Schmäh in der Kleinen Freiheit.
Linda Rum
Der Abend startet für mich in der Campfire Lounge. Während der Lagerfeuer über den alten Röhrenfernseher flackert, steht Linda Rum barfuß auf der Bühne und sorgt für so manche Gänsehaut. Was für eine tolle Stimme! Was für Energie! Ich weiß nicht, was sie da tut, aber sie macht auf jeden Fall alles richtig.
Linda Rum hat die Art Melodien im Gepäck, die sich sofort unter deine Haut bohren, langsam den Nacken hinaufkriechen und dich für Stunden nicht mehr loslassen. Während ich das hier schreibe, läuft ihr Song „Vampires“ bei mir auf Dauerschleife. Ich kann Euch nur empfehlen, Linda einmal live zu sehen. Für mich ist sie definitiv eines der unerwarteten Highlights des Popsalon-Freitags.
Anna Depenbusch
Ich habe Glück, dass Lindas Set genau passend zu Ende geht und ich ganz entspannt die 100 Meter vom Stadtgalerie Café ins Haus der Jugend hinüber laufen kann. Im großen Saal bin ich für zwei Sekunden überrascht – das Konzert ist bestuhlt. Das habe ich bisher noch bei keinem Popsalon erlebt.
Aber zu Anna Depenbusch passt das. Das Publikum ist hier etwas älter und freut sich über die ausgefeilten Texte der gut gelaunten Hamburgerin. Ihre Band begleitet sie mehr als hervorragend und lässt das graue Ekelwetter draußen fast in Vergessenheit geraten.
Giant Rooks
Anna Depenbusch kann ich mir leider nicht bis ganz zum Ende ansehen. Ich muss zurück in die Lagerhalle, um dort Giant Rooks zu fotografieren. Als ich dort ankomme, ist das Foyer proppenvoll und der Saal ebenfalls. Gut, dass ich meinen Pass habe, sonst hätte ich jetzt ein Problem.
Mit ein bisschen Vehemenz und vielen Entschuldigungen kann ich mich bis vorne an den Bühnenrand durchquetschen. Und welch Zufall, genau hier stehen ein paar liebe Mädels, die ich letztes Jahr auf dem Campingplatz beim Talge Open Air kennengelernt habe. Ebenfalls kurz vor Giant Rooks. Lustig.
Giant Rooks sind für viele Popsalonianer heute wohl das Highlight. Ihr Indie-Poprock macht gute Laune und heizt die Lagerhalle noch mehr auf. Ich bin davon überzeugt, dass man von der Band sicher noch öfter hören wird. Irgendwann ist es mir da vorne einfach zu heiß und ich kämpfe mich wieder zurück ins Foyer. Hier treffe ich einen ganzen Haufen Leute, die es nicht mehr in den Saal geschafft haben. Einlass-Stopp.
Gisbert zu Knyphausen
Eigentlich würde ich ja noch gerne rüber in die Kleine Freiheit zu Black Oak fahren. Da ich aber fast parallel Gisberth zu Knyphausen wieder im Haus der Jugend fotografieren muss, bleibt mir nur die Insta-Story von Kollegin Klara. Im Haus der Jugend sind die Stühle mittlerweile wieder verschwunden und darf mich wieder durch die Menge schlängeln, um eine gute Perspektive auf den Sänger zu bekommen.
Rein optisch wirkt Knyphausen auf der großen Bühne schon fast ein bisschen verloren. Optik zählt gerade aber nicht, sondern nur das, was wirklich passiert. Und das sind starke Texte, viel Persönlichkeit und eine tolle Stimme. Eigentlich würde ich hier gerne bleiben, zuhören, mich in den Songs verlieren. Aber der Zeitplan schreit mich schon wieder an. Am heutigen Popsalon 7 -Abend gibt es für mich Musik wohl nur in Form von Probierhäppchen.
Razz
Also wieder zurück in die Lagerhalle zu Razz. Wieder quetsche ich mich durch die Menge bis ganz nach vorne. Glücklicherweise ist es nicht mehr ganz so voll wie vorhin. Und da kommt auch schon die Band auf die Bühne. Perfekt, denke ich. Aber weit gefehlt. Razz müssen noch mal einen Line-Check machen und das dauert. Und dauert. Und dauert. Irgendwas funktioniert da nicht. Ich hab doch keine Zeit.
Mit gut 20 Minuten Verspätung fangen sie dann endlich an, die Stimmung im Saal ist zumindest vorne sofort auf 180. Die Band aus dem Emsland spielt sich durch alte und neue Stücke, zeigt ihr Potenzial. Trotz Zeitdruck bleibe ich noch lange genug, um den neuen Song zu sehen, für den Giant-Rooks-Sänger Frederik Rabe extra auf die Bühne kommt. Schön. Jetzt muss ich aber wirklich los.
Einsteigen ins Popsalon 7 – Shuttle
Draußen steht auch schon der Shuttlebus, der die Besucher in die Kleine Freiheit fahren soll. Der Bus ist kurz vor Abfahrt gut gefüllt, die Stimmung ist hervorragend. So hervorragend, dass alle minutenlang für ein Geburtstagskind um Mitternacht singen. Alle Geburtstagslieder, die uns so spontan einfallen, teilweise im Kanon. Hach, dafür mag ich den Popsalon.
Voodoo Jürgens
Wider Erwarten steht Voodoo Jürgens (ich wollte gerade tatsächlich Udo Jürgens schreiben. Ah, Müdigkeit!) noch nicht auf der Bühne, als ich wortwörtlich in die Kleine Freiheit stürme. Glück gehabt. Auf Voodoo Jürgens bin ich nämlich schon sehr gespannt.
Kurz nach Mitternacht kommt er dann mit einem dramatischen Intro und theatralischen Gesten, begleitet von einem verschmitzten Lächeln, auf die Bühne. Ich verstehe kaum ein Wort von dem, was er da auf Wienerisch singt, aber das macht nichts. Die Musik ist sehr eigenwillig, macht aber Lust zu tanzen. Ein bisschen fühlt sich das nach einer Mischung aus Jahrmarkt, Kabarett, Schlager, Balkan-Pop und Rockkonzert an. Auch wenn sich das jetzt wahrscheinlich liest wie ein durchgeknalltes Thermomix-Rezept, ist es absolut großartig. Schade, dass ich mittlerweile schon so müde bin. Sonst hätte ich mit Sicherheit noch richtig getanzt und nicht nur meinen Kopf zu Voodoo Jürgens‘ Songs bewegt.
Und jetzt noch feiern?
Nach dem Auftritt von Voodoo Jürgens geht es gleich weiter mit der Aftershow Party. Ich bin allerdings zu fertig und habe noch einen Haufen Fotos zu bearbeiten, die am frühen Morgen bei der Zeitung sein müssen. Eine Pommes bei Georg ist noch drin, gefeiert wird dann eben morgen. Jetzt ab nach Hause. Zu Fuß und zufrieden, obwohl mein Fahrrad noch an der Lagerhalle steht. Popsalon 7, ich mag dich mal wieder sehr.