Vorgestern in Osnabrück. AnnenMayKantereit sind in der Stadt, vor der Stadthalle – pardon, OsnabrückHalle – windet sich die Schlange fast bis in den Schlossinnenhof. Man könnte meinen, Rod Stewart oder so wäre da. Dabei sind es doch eigentlich nur ein paar Jungs aus Köln, die gerne Musik machen. Das halt nur eben besser als viele andere.
Die AnnenMayKantereit-Geschichte von der Straßenmusik zu ausverkauften Konzerten, selbst als es noch kein „richtiges“ Album gab, dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein. Ein schönes, kleines Märchen mitten im sonst so perfekt durchgeplanten Musikbiz. Und auch wenn ich die Stimme von Sänger Henning wirklich beachtlich finde und mir einige Songs auch gut gefallen, muss ich gestehen, dass ich dank dieses „Märchens“ auch immer ein bisschen skeptisch blieb. Aber das bin ich bei fast allen Sachen, die plötzlich jeder toll findet.
Nun gut. Zurück in die OsnabrückHalle. Ich mache für die Instagram Story für den Veranstalter Zukunftsmusik ein paar Snaps und bin insgeheim ziemlich erstaunt, wie bunt gemischt das Publikum doch ist. Das wuselt noch wild durch die offenen Räume der Halle, als Olivier St. Louis mit recht anspruchsvollem, funky Soul als Opener loslegt. Der gute Mann hat es anfangs nicht gerade leicht, sich gegen das Stimmengewirr durchzusetzen. Dafür bleibt er aber professionell gut gelaunt und freut sich, dass ihm zumindest die vorderen Reihen einigermaßen zuhören.
Und AnnenMayKantereit? Einmal habe ich sie schon live gesehen. Das war beim Hurricane Festival 2016. Der Auftritt war ok, aber richtig mitgerissen hat er mich damals nicht. Vielleicht, weil er trotz Rohheit doch irgendwie glatt wirkte. Aber das mag am festivaltypischen Zeitdruck gelegen haben. Den hat die Band heute Abend eben nicht. Es ist schließlich ihre eigene Show. Da steht höchstens mal der Venue Chef am Bühnenrand und zeigt auf die Uhr. Aber bis das passiert, würde es schon eine ganze Weile brauchen.
Keinen Zeitdruck zu haben, wirkt sich offensichtlich höchst positiv auf das Konzert aus. Anscheinend bestens gelaunt und auf einer nahezu durchgehenden Jubelwelle des Publikums surfend, spielen sich die Herren entspannt durch ihr Programm. Hennings raue Stimme sorgt bei vielen um mich herum für Gänsehaut, mich packt dagegen eher die Energie musikalische Spielfreude, die sie hier an den Tag legen.
Jetzt spüre auch ich ihre Liebe zur Musik, was für mich beim Hurricane etwas zu kurz kam. Oder nicht bis zu mir durchdrang. Egal. Heute wird gejammt, mit einer Vielzahl an Instrumenten, die mich schon ein bisschen beeindruckt. Dazu die eigenen Songs, von denen mich auch definitiv mehr als nur die bekannten Stücke wie „Es geht mir gut“, „Pocahontas“, „Barfuß am Klavier“ oder „Liebeslied“ ansprechen. Die eigenen Varianten diverser Coversongs sind dabei nicht weniger mitreißend. Schön. Jetzt mag ich also doch eine Band, die fast jeder mag 😉
Da ich mich so spontan entschieden habe, überhaupt zum Konzert zu gehen, war für mich einfach keine Foto-Akkreditierung mehr drin. Dafür stellt uns Festival Fotograf André Havergo netterweise ein paar seiner Bilder zur Verfügung. Ganz lieben Dank dafür!