Arkells & Taymir im Lagerhaus Bremen – Konzertbericht

Taymir und Arkells. Die einen die Support-Newcomer aus den Niederlanden, die anderen gestandene Indie-Rocker aus Kanada. Am Mittwoch haben beide das Lagerhaus Bremen in Schutt und Asche gerockt. Es ist schon lange her,  dass ich ohne großes Vorwissen auf das Konzert einer Band gefahren bin und am Ende des Abends noch über Stunden wie ein grinsendes Honigkuchenpferd durch die Gegend gestrahlt habe.

In den Niederlanden geht es für Taymir seit Monaten steil bergauf. In Deutschland ist die junge, vierköpfige Truppe noch ziemlich unbekannt. Normalerweise keine einfache Position für eine Supportband. Doch das macht am Mittwochabend gar nichts. Taymir fegen mit so viel Energie über die kleine Clubbühne des Lagerhauses, dass dem Publikum beinahe gar nichts anderes übrig bleibt, als sich von der wilden Indierock-Achterbahn mitreißen zu lassen und die Fahrt mit Dreifach-Looping und Todesschraube kreischend und mit einem fetten Grinsen im Gesicht zu genießen.

Während ihres 30-minütigen Sets schaffen es Taymir, einem das Gefühl zu geben, irgendwann in den späten Sixties bei irgendeiner legendären Underground-Show irgendeiner großen britischen Rockband dabei zu sein. Geht man von ihrem Look, ihrem Sound, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Bühnenpräsenz aus, ist der Gedanke gar nicht mal so abwegig. Am Ende ist das Bühnen-Setup zerlegt, der Schellenkranz mit Karacho gegen die Wand gepfeffert und das Keyboard stilecht umgetreten worden. Keine Frage, so hinterlässt man einen bleibenden Eindruck. Vor allem, wenn die Musik dann auch noch so unglaublich gut war. Die Jungs muss man sich einfach merken.

 

Arkells – Aus Liebe zur Musik

Umbaupause, kurze Gelegenheit für ein Bier und Chips. Als dann wenig später die Arkells unter imposanten Intro-Klängen die kleine Bühne beschreiten, beschleicht einen sofort das Gefühl, dass hier gleich etwas großes passieren könnte. Binnen Sekunden lasse ich mich von der guten Laune und der überschäumenden Energie des Sängers anstecken und mich von den Klangwänden aus fetten Gitarren, Synthies und mehrstimmigem Gesang einfach einwickeln. Die norddeutsche Zurückhaltung der Bremer hat sich ebenfalls spätestens nach dem dritten Song vollständig verabschiedet und so gibt man sich einfach dem hin, was dort auf der Bühne geschieht. Song für Song fühle ich mich von der Musik fester umarmt, lasse mich mitreißen und merke, wie sich meine Füße plötzlich tanzend zu einer Band bewegen, mit der ich mich bisher wohl noch nie wirklich bewusst beschäftigt hatte. Was habe ich da nur alles schon verpasst!

Schon lange habe ich keine Band mehr live gesehen, die auf der Bühne so unglaublich viel Liebe für das, was sie da tut, ausstrahlt. Bei den Arkells wirkt nichts aufgesetzt, nichts einstudiert. Sie sprühen einfach nur so vor wahrer Liebe zur Musik. Und vor Dankbarkeit, dass das Bremer Publikum diese anscheinend erwidert. Das Lagerhaus ist voll mit positiven Vibes, Arkells‘-Sänger Max Kerman pusht die Masse immer weiter nach vorne. Mal mit lustigen Anekdoten zu einzelnen Songs, mit Sing Along Parts oder einfach mit seinem gut gelaunten Grinsen. Authentisch, rockig, toll. Ich ertappe mich dabei, wie selbst ich irgendwann jeden angekündigten Song jubelnd begrüße – obwohl ich die allerwenigsten davon wirklich kenne.

Gute 90 Minuten lang spielen sich die Arkells durch eine bunte Mischung ihrer drei Alben Jackson Square, Michigan Left und High Noon, von einem emotional aufrüttelnden Moment zum nächsten. Für absolute Gänsehaut sorgen die Arkells gleich zweimal an diesem Abend.

Dance like nobody is watching!

Während „Dirty Blonde“ fordert der Frontmann das Publikum dazu heraus, auf Kommando gemeinsam die Augen zu schließen und so zu tanzen, als ob niemand zusehen würde. Ich gebe mich der Forderung hin und tanze tatsächlich für einige Minuten blind. Anscheinend hat man im Saal auch noch das Licht gedimmt, um niemanden bei diesem intensiven Moment zu stören. Vor der Dunkelheit im Kopf und sicher zugedeckt mit der warmen Musik, fühlt es sich für einen Augenblick ganz so an, als ob man mit den Arkells ganz alleine im Raum wäre und sie nur für einen ganz alleine singen würden. Das befreit und schweißt zusammen. Als alle kurze Zeit später die Augen wieder öffnen, scheint es ganz so, als ob das Lagerhaus vor lauter positiver Energie bald überkochen würde.

Als Max Kerman dann auch noch „Agent Zero“ gemeinsam mit dem Publikum singt, gibt es kein Halten mehr. „Turn out the lights down low“ schallt es aus geschätzten 300 Kehlen im Raum, während die Band ein Bad in der Menge nimmt. Immer und immer wieder singen wir die Zeilen, selbst als die Arkells die Bühne längst verlassen haben und im Dunkeln verschwunden sind. Als ob wir die Band wieder herbei singen könnten. So viel Einsatz würdigt Kerman mit einem demütigen „Holy shit!“, als er leicht verlegen grinsend mit seinen Kollegen zurück auf die Bühne tritt und die Gesänge immer noch nicht verstummt sind.

Dann das große Finale. Nach einer unterhaltsamen Akustik-Version von „Book Club“ – gespickt mit musikalischen Zitaten – und John Lennon, beenden die Arkells den fulminanten Abend mit einem großen Knall in Form einer energiegeladenen Version von „Leather Jacket“. Dieses Konzert werde ich mit Sicherheit nicht so schnell vergessen.

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