Unglaublich heiß, unglaublich geil und unglaublich stark – so kurz und knapp könnte man Konzert der Beatsteaks im Rahmen ihrer Club Magnet Tour vergangenen Mittwoch, 13. August, im Rosenhof Osnabrück zusammenfassen. Von manchen Konzerten muss man sich aber auch erst einmal vier Tage erholen, bevor man das Erlebte wirklich verarbeitet und angemessene Worte dafür gefunden hat. Schließlich soll der Leser hier doch etwas mehr als ein einfaches, über fünf Seiten geschrieenes „GEEEEEEEEEEEIIIIIL“ vorfinden.
Da es sich bei diesem Konzert um eines der wenigen Warm Up-Konzerte der Beatsteaks nach längerer Pause handelte, waren die Tickets bereits im Vorfeld heiß begehrt und in kürzester Zeit vergriffen. Durch eine Panne beim Onlinevorverkauf mussten geplante lokale Vorverkaufspartys abgesagt werden. Neben den regulären Tickets waren die Plätze auf der Presseliste ebenso stark gefragt. Auch für mich war am vergangenen Sonntagnachmittag noch nicht sicher, ob ich wirklich zum Konzert gehen können würde. Gegen 17 Uhr kam dann die erlösende E-Mail: Du bist dabei! Halleluja!
Der Mensch ist ein Herdentier
So sehr wie auf dieses Konzert habe ich mich schon lange nicht mehr auf einen Gig gefreut. Also geht es ganz ungewohnt schon eine halbe Stunde vor Einlass zum Rosenhof, wo sich die Schlange aus mehreren hundert Fans bereits den halben Rosenplatz entlang erstreckt. Anstatt uns direkt anzustellen, geht es aus Gewohnheit aber erst einmal direkt vor den Eingang, wo gerade ein Teil der Beatsteaks bereitwillig mit ein paar Fans Fotos macht und Autogramme gibt. Hier zeigt sich mal wieder, dass der Mensch offensichtlich wirklich ein Herdentier ist. Bis auf drei Typen ist anscheinend niemandem sonst aufgefallen, dass es da tatsächlich zwei Spuren für den Einlass gibt. Während es sich also der hintere Teil der großen Schlange bald schon auf den Eingangsstufen der Rosenplatzschule bequem machen kann, stehen auf der anderen Seite gerade einmal sechs Menschen. Uns eingerechnet.
Wie es das Schicksal an diesem Tag will, läuft beim Einlass eine halbe Stunde später dann auch alles derart glatt, sodass mein Bruder, eine Freundin und ich bereits zwei Minuten nach dem Startschuss ganz entspannt in den Rosenhof schlendern und es uns tatsächlich in der ersten Reihe bequem machen können. Kein Stress, kein Gedränge. Da sind alle sonst gewohnten „ich bin zu cool/alt/müde/Presse für die erste Reihe“-Ausreden mit einem Schlag ungültig. Wann kommen die Beatsteaks denn sonst noch mal wieder in den Rosenhof? Also darf das Fan-Mädchen in mir heute auch mal die Sau rauslassen. Da bin ich sogar fast froh, dass es mit dem Fotopass nicht geklappt hat 😉 (An dieser Stelle: Danke Karsten Rzehak für deine Bilder!).
Wer oder was ist Chuckamuck?
Der Rosenhof vibriert regelrecht vor spannender Vorfreude auf die Beatsteaks, doch erst einmal darf die Supportband Chuckamuck ihr Programm bestreiten. Was die Berliner da auf der Bühne bieten, spaltet das Publikum. Was ist das? Was soll das sein? Old School Surf Punk? Indie? Neue deutsche Welle? Man weiß es nicht genau, sieht aber, dass die Jungs in ihren Hippie-Tunika-Hemden unglaublich nervös sind. Vielleicht, weil bei ihrem letzten Auftritt in Osnabrück, wie sie sagen, gerade einmal fünf Leute anwesend waren und sie nun vor knapp 1000 Menschen spielen?
Sie bemühen sich redlich mit jeder Menge Körper- und Biereinsatz, aber so richtig toll werden will das heute einfach nicht. Die Gitarren sind verstimmt, der Sound ist streckenweise miserabel. Man versteht teilweise nicht einmal, welche Sprache die Texte darstellen sollen, die aber angeblich ganz intelligent sind. Ein Hauch der Verzweiflung macht sich breit; sowohl auf der Bühne, als auch im Publikum. „Ist das deren Ernst?!“, höre ich ein Mädchen hinter mir fragen. Man weiß tatsächlich nicht, ob das alles auf der Bühne wirklich so sein soll oder ob sie gerade versuchen, auf groteske Art und Weise 70s Surf Punk Bands auf Deutsch zu parodieren. „Gewollt und nicht gekonnt“, lautet der Kommentar aus einer anderen Ecke. Mir tun sie irgendwie leid, denn ein Blick in ihren Youtube Account zeigt, dass sie ihre Sache eigentlich doch beherrschen, inklusive Wortwitz und Gitarrenspiel. Vierzig Minuten lang kämpfen sie sich ab, stellenweise sieht man manchmal sogar, dass sie Potenzial haben. Da erinnern sie mich an meine Kindergartenzeit in den 80ern, wo manch punkbeeinflusste Eltern uns Kassetten mit ähnlichem Sound hören ließen. Vielleicht kommen sie ja noch mal wieder, weniger nervös. Eine letzte Chance bekämen sie noch von mir.
Die Beatsteaks bitten zum Tanz
Gegen 22 Uhr hat das Warten endlich ein Ende und die Beatsteaks entern unter den Klängen von „I Never Was“ aus ihrem neuen Album die Bühne. Binnen Sekunden wird der Rosenhof von einer Berliner Tsunamiwelle erfasst, die das Publikum vor Freude herumwirbelt, ordentlich nass macht und für die nächsten 90 Minuten nicht wieder loslassen wird. Man ist sich nicht sicher, ob Sänger Arnim Teutoburger-Weiß unter seinem Mexiko-Schlapphut überhaupt etwas sieht, aber was macht das schon. Er wirbelt bestens gelaunt von einer Seite der Bühne zur anderen und geht auch immer wieder mit der ersten Reihe auf Tuchfühlung.
Schon die ersten drei Songs, allesamt vom neuen Album Beatsteaks, heizen dem Publikum derart ein, dass bereits beim vierten Song höchsten noch die Socken halbwegs trocken sind. Wer braucht schon eine Sauna im Fitnessstudio, wenn man das auch mit den Beatsteaks zusammen im Rosenhof haben kann? Also weiterspringen, grinsen und mitsingen. Wie auf Kommando drehen die Mädels in der Menge bei „Jane Became insane“ so richtig auf. Aber besonders die ganz alten Nummern wie „Let Me in“ und „Shut up Stand up“ werden frenetisch abgefeiert, und auch die Kollegen aus Smack Smash- und Limbo Messiah-Zeiten bringen diverse Crowdsurfer hervor. Die Security im Graben hat alle Hände voll zu tun, während die Band hinter ihnen gewaltige Klangwände aufbaut.
Wenn auf der Bühne nicht ein dezentes kleines Notenpult mit Leselampe stünde, würde einem niemals in den Sinn kommen, dass die Beatsteaks wirklich beinahe zwei Jahre lang nicht mehr auf Tour gewesen sind. Vermutlich fällt den meisten Leuten weiter hinten nicht einmal auf, dass Arnim sich hier ab und zu Texthilfe holt. Wenn man nach langer Pause mit einer Setlist aber auch eine Zeitspanne von 14 Jahren bedient, darf man das wohl auch schon mal. Derweil geben auch die restlichen Beatbuletten alles, was Körper und Instrumente hergeben. Hin und wieder regnet es sogar ein wenig von der Bühne, wenn sich die Herren mal wieder so richtig ausschütteln.
Es ist geradezu so, als hätten die Beatsteaks im Rosenhof einen Vulkan zum Ausbruch gebracht, auf dessen Lavaströmen sie nun gemeinsam mit dem Publikum tanzen und surfen. Dabei steuern sie die Menge voller Energie und dennoch kontrolliert durch alle Stromschnellen und Tsunamiwellen, bringen sie mit ruhigeren Songs wie „Make a Wish“ oder „Hey du“ zum einhalten, nur um die Fans schon in der nächsten Sekunde tanzend auf den nächsten Gipfel der Lava-Achterbahn zu peitschen. Immer wieder tanzt Arnim hierbei nicht nur mit den Fans in der ersten Reihe, sondern tanzt sich stattdessen einfach quer durch den Rosenhof. Eine flotte Sohle auf der Theke? Na klar! Eine Tanzeinlage auf den Aufbauten des Mischpults? Hell Yeah! So etwas erlebt man auch nicht bei jedem Konzert.
Mit „Hand in Hand“ verabschiedet man sich ein erstes Mal, nur um einen kurzen Moment später und lautstarkem Jubel und Sprechchören die Zugaben „Frieda und die Bomben“ und „Cut off the Top“ herunterzureißen und der Menge noch einmal alles abzuverlangen. Da wird der jüngste Besucher des Konzert auch noch kurzerhand von Arnim auf den Schultern durch die Menge getragen. Nach einem weiteren kurzen Abgang verabschieden sich die Beatsteaks schließlich endgültig mit „I don’t care as long as you sing“. Da geht’s uns genauso, denke ich mir. So lange die Beatsteaks singen, ist die Welt in Ordnung. Hoffentlich machen sie das nun wieder für lange, lange Zeit.
Insgesamt haben die Beatsteaks in Osnabrück unglaublich energiegeladen abgeliefert. Sauber gespielt, das Publikum immer fest im Griff, beste Laune, keine einzige „lahme“ Phase, dazu noch eine ordentliche Mischung aus alten und neuen Songs. Natürlich hätte wohl jeder langjährige Fan sich noch über drei oder vier weitere alte Nummern gefreut, aber wie meine Konzertbegleitung nach dem Konzert so schön schrieb: „… wenn man ehrlich ist, müsste die Band sechs Stunden spielen, um alle Hits zu spielen. Und das hätte bei der Hitze im Rosenhof sicher niemand überstanden.“ – Word!
Ich freue mich auf die Tour im November! Mehr Fotos findet Ihr hier.
Beatsteaks in Osnabrück – Setlist zum Nachhören
Ihr hattet keine Chance, bei der Warm-Up Tour dabei zu sein? Ich habe bei Spotify eine Playlist gebastelt, mit der Ihr alle Songs noch einmal in der Reihenfolge wie beim Konzert anhören könnt.
Osnabrück aus der Sicht der Beatsteaks
Beatsteaks Creep Magnet Tour 2014
In diesen Städten könnt Ihr die Beatssteaks im Winter noch mal live erleben:
04.11.2014 Siegen Siegerlandhalle
07.11.2014 Wien, AT Gasometer
09.11.2014 Zürich, CH Volkshaus
11.11.2014 Erfurt Thüringenhalle
12.11.2014 Saarbrücken E-Werk
14.11.2014 Bremen Pier 2
15.11.2014 Magdeburg Stadthalle
18.11.2014 Köln Palladium
19.11.2014 Köln Palladium
22.11.2014 Leipzig Arena
23.11.2014 Bielefeld Seidenstickerhalle
25.11.2014 Dortmund Westfalenhalle 1
27.11.2014 Berlin Max-Schmeling-Halle
28.11.2014 Berlin Max-Schmeling-Halle
02.12.2014 Hamburg Sporthalle
03.12.2014 Hannover Swiss Life Hall
05.12.2014 Bamberg Brose Arena
06.12.2014 Göttingen Lokhalle
09.12.2014 Münster MCC Halle Münsterland
11.12.2014 Frankfurt/Main Jahrhunderthalle
13.12.2014 Stuttgart Schleyer-Halle
14.12.2014 München Zenith
Wahnsinn! Ich bin erst seit kurzem Fan der Beatsteaks, aber das lohnt sich. 🙂
Deine Worte haben so ein Talent, dass es sich so anfühlte, als hätte ich ganze Situation und dein Konzerterlebnis miterlebt. 😉
Mach weiter so! Echt toll, vor allem die Playlist am Ende! ♥
Liebste Grüße, Mia
Ich wünsch dir noch nen schönen Tag.