Vergangenen Donnerstag spielte die nordfriesische Folk-Kapelle Torpus and the Art Directors in der Kleinen Freiheit in Osnabrück. Mit viel Gefühl und großartiger musikalischer Virtuosität spielten sie sich durch ihr Album From lost Home to Hope. Als Support mit am Start war der Londoner Singer Songwriter Rob Lynch.
Es ist noch relativ leer, als ich gegen kurz vor 21 Uhr endlich an der Kleinen Freiheit ankomme. Ich vermisse den großen Bus vor der Tür immer noch, an die kleine Weihnachtsmarkthütte werde ich mich so schnell einfach nicht gewöhnen. Aber an diesem Abend gibt es eine kleine Überraschung: Die Bühne der Kleinen Freiheit hat plötzlich einen Vorhang! Das steigert die Spannung ungemein, denn nun sieht man nicht mehr sofort, was einen da auf der kleinen Wohnzimmerbühne wohl erwarten mag.
Man steht an der Bar und mampft Salzstangen oder sitzt auf den Sofas am Rande der Tanzfläche und wartet. Torpus and the Art Directors sollen hier heute Abend spielen. Ihr Album From Lost Home to Hope macht neugierig, geschätzt rund 70 Leute tummeln sich immerhin in der ehemaligen Güterbahnhof-Kantine. Bevor das Quintett aus Nordfriesland die Freiheit verzaubert, macht sich zunächst der Londoner Singer/Songwriter Rob Lynch die Mühe, die Osnabrücker aus ihrer Feierabend-Lethargie zu holen. Ganz allein und nur mit seiner Gitarre bewaffnet, singt er sich die Seele aus dem Leib. Ein wenig heiser ist er, der smarte Engländer, der mit seinen blauen Augen und struweligen blonden Haaren besonders einige Damen im Publikum verzückt. Zugegeben, mich auch.
Schon lange nicht mehr hat mich ein Support-Act derartig berührt wie Rob Lynch. Ein wenig schüchtern aber dennoch voll nahezu haltloser Emotion gibt er eine gute halbe Stunde lang seine Songs zum besten. Einerseits hat er den typischen Singer/Songwriter Pop im Gepäck, singt dementsprechend über Alltagsereignisse, gewonnene und zerronnene Liebe und die große, weite Welt. Andererseits klingt alles auch ein wenig wie eine Mischung aus The Gaslight Anthem und Greg Holden. Auf der Revival Tour würde sich dieser sympathische Typ sicher gut machen. In Philadelphia hat er die Stücke zu seinem Album aufgenommen, das irgendwann in diesem Jahr erscheinen soll. ![]() |
| Setliste von TATAD |
Kurz vor 22 Uhr begeben sich dann Torpus and the Art Directors ohne große Vorwarnung auf die Bühne und legen direkt los. Ich würde jetzt an dieser Stelle für gewöhnlich die Setliste posten, allerdings kann ich diese nicht richtig lesen. Abkürzungen, Insider. Begnügt Euch also mit dem Foto.
Dass Torpus längst losgelegt haben, stört die Schnattergören ganz vorne immer noch nicht. Glücklicherweise lassen sich die fünf Jungs und Mädels auf der Bühne davon nicht aus ihrer nordfriesischen Ruhe bringen und spielen sich sehr professionell aber dennoch sympathisch durch ihr Programm. Die Songs aus From Lost Home to Hope stehen im Fokus und werden multiinstrumental und mehrstimmig zum besten gegeben. Die markante, kräftige Stimme von Frontmann Sönke Torpus mit seiner rauchigen Note gibt den Stücken das gewisse Etwas und zieht einen schnell in ihren Bann.
Die Band ist allgemein etwas angeschlagen von den vorangegangenen Tourtagen, freuen sich aber sichtlich, trotzdem auf der Bühne stehen zu können. Man philosophiert über die Begrüßung „Moin“, verrät mit breitem Grinsen den Hintergrund des Bandnamens und lädt alle Anwesenden zum Saufen nach der Show ein. Oder so ähnlich. Fröhlich tanzbare Up-Tempo Nummern wechseln sich mit melancholischen Folk-Balladen ab und immer wieder betont die Band ihre Heimatverbundenheit zu Nordfriesland. Jedes Mal, wenn Sönke, Ove oder Melf von diesem Landstrich erzählen, macht sich ein breites, zufriedenes Lächeln in ihren Gesichtern breit.
Es ist schon beeindruckend, wie die fünf auf der Bühne ihre teils vierstimmigen Harmonien aufbauen, oder Lockenkopf Ove am Harmonium auch noch parallel Trompete spielt oder im nächsten Moment das Banjo zupft. Man fühlt sich verzaubert, ein wenig wie in eine unwirkliche, musikalische Traumwelt versetzt, aus der man erst nach vielen Stunden wieder abreisen möchte. Neben ihren eigenen Songs sorgt dafür auch die Coverversion der Country-Ballade „Oh my Sweet Carolina“ von Ryan Adams, die die Band in einer sehr minimalistischen und emotionalen Version spielt. Der letzte, überaus intime Moment wird jedoch mal wieder von den drei Mädels aus der ersten Reihe ruiniert – Der SMS-Ton einer der Grazien piept sich penetrant durch die letzten Klänge des finalen Akkords. Kurz danach pfeift irgendein Spacken in den hinteren Reihen auch noch „Seven Nation Army“. Das wird heute wohl bei einigen einfach nichts mehr mit dem Respekt für die Musik. 


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