Berlin. Madi Diaz streicht sich nervös eine dunkelbraune Haarsträhne aus dem Gesicht, als sie die Bühne im Maschinenhaus der Kulturbrauerei in Berlin betritt. Die amerikanische Singer-Songwriterin aus Nashville ist zum ersten Mal in Deutschland. In den USA ist die junge Musikerin bereits viel getourt. Ihr aktuelles Album wurde von John Alagia produziert, der auch für den Sound von John Mayer oder Dave Matthews Band verantwortlich war. Hier kennt sie keiner.
Genauso geht es Andrew Belle aus Chicago. In seiner Heimat wird der smarte Musiker regelmäßig im Radio gespielt, viele seiner Songs wurden in großen amerikanischen TV-Serien wie „Grey’s Anatomy“ verwendet, ein anderer untermalte gar eine Werbekampagne von Microsoft. In Deutschland kann kaum jemand etwas mit seinem Namen anfangen. Noch nicht. Vielleicht wird sich das bald ändern.
Madi Diaz und Andrew Belle haben das Glück, bei der „Music & Reading“-Veranstaltungsreihe „Feels like Home“ dabei zu sein. Das soziale Benefiz-Projekt, das 2009 von Johannes Strate, Sänger der Band Revolverheld, und der Hamburger Nachhaltigkeits- und Kommunikationsberaterin Dannie Quilitzsch ins Leben gerufen wurde, holt regelmäßig unbekannte internationale Musiker nach Deutschland. Meistens handelt es sich dabei um handverlesene, musikalische Ausnahmetalente der amerikanischen Singer-Songwriter-Szene.
Eingerahmt von Lesungen deutschsprachiger Autoren, wie in Berlin von Stromberg-Schauspieler Oliver Wnuk, oder von Zeit zu Zeit auch mal neben etablierten deutschen Künstlern wie zum Beispiel Philipp Poisel, haben die Musiker wie aktuell Madi Diaz oder Andrew Belle die Chance, sich zum ersten Mal einem deutschen Publikum zu präsentieren und mitunter auch in der hiesigen Musikszene Fuß zu fassen.
Madi Diaz sang Stücke aus ihrem Album „Plastic Moon“. |
Neben Musik und kulturellem Austausch wird bei Feels Like Home auch soziale Verantwortung großgeschrieben, die Dannie Quilitzsch und Johannes Strate besonders am Herzen liegt. „Alle Erlöse, die durch Spenden und Ticketeinahmen erzielt werden, fließen in soziale Projekte, die wir jedes Mal im Vorfeld aussuchen“, erklärt Quilitzsch. Von der aktuell sechsten Feels Like Home-Auflage profitierte der Berliner Verein „Ruby Tuesday“, der jedes Jahr ein Rock Camp für Mädchen veranstaltet. Mit Musik wollen sie die Mädchen stark machen, mit dem Ziel, irgendwann die männliche Dominanzstruktur in der Musikbranche zu durchbrechen.
Durch die starke kulturell-soziale Ausrichtung ist die Naturkosmetik-Marke eines großen amerikanischen Konzerns auf den Feels-LikeHome-Zug aufgesprungen: Man hat die Veranstaltung in der Berliner Kulturbrauerei kurzerhand zum ersten „Origins Rocks Earth Month“-Konzert erklärt, die bisher nur in den USA stattfanden. Vor Ort lässt man die Besucher alte Kosmetik recyclen und verspricht, für jede anwesende Person einen Baum zu pflanzen. „Anlässlich des bevorstehenden, weltweiten ‚Earth Day‘ am 22. April möchte wir hier das Umweltbewusstsein der Besucher stärken“, erklärt Vertreterin der Marke Anja Elbert unserer Zeitung vor dem Konzert.
Was 2009 bei einer New-York-Reise als Idee von Strate und Quilitzsch begann und als kleines, familiär anmutendes Projekt in der Wohnzimmeratmosphäre des Hamburger Knust seinen Lauf nahm, ist jetzt mit seiner sechsten Auflage schließlich in ganz Deutschland angekommen. In der vergangenen Woche zog es die Feels-Like-Home-Familie auf ihrer kleinen Tour von Hamburg nach Berlin, Köln und München und damit in alle großen Medienstädte der Republik. Andrew Belle ist nach dem Konzert in Berlin vom Feels-Like-Home-Konzept begeistert: „Wir erreichen so ein Publikum, das wir sonst nie erreicht hätten. Ich bin sehr froh, bei dieser Tour dabei sein zu dürfen.“
Foto: Katharina Leuck