Premiere. Ich blogge zum gefühlt ersten Mal über ein bestuhltes Konzert. Der Ibbenbürener Entertainer Tom Gaebel is mit seinem Orchestra und der Licence to Swing im Theater Osnabrück. Und ich bin eigentlich hier, um für das Stadtblatt die Klick-Umfrage für die Aprilausgabe zu machen.
Das geht natürlich nur vor oder nach dem Konzert. Oder eben in der Pause. So sitze ich also in einem Konzert, zu dem ich normalerweise vermutlich nie gegangen wäre. Jedenfalls nicht von mir aus und schon gar nicht allein.
Gefangen im Flashback-Strudel
Kennt Ihr das, wenn Musik Euch ohne Vorwarnung in einen riesigen Strudel aus massiven Flashbacks reißt? Passend zum Motto “Licence to Swing” geht es mit den bekanntesten Titelsongs diverser James-Bond-Filme los. Und ich stürze in einen Ozean aus Flashbacks, aus dem ich den Rest des Abends über nicht mehr so schnell auftauchen werde.
Was viele von Euch nicht wissen: Ich habe früher jahrelang Tenorsaxophon gespielt und damit auch ein Jahr in den USA in einer 250-köpfigen Marching Band zugebracht. Unser Programm für die Football Season 2000/01 war damals ein James Bond Medley. Schon die erste Töne des Tom Gaebel Orchestras, das einer kleineren Big Band gleicht, katapultieren mich in diese Zeit zurück.
„4-count-turn to the left, march!“
Ich spüre, wie meine Finger während der Läufe der Bläsersätze unfreiwillig zucken und die Parts von damals greifen wollen. Ja, wäre das Konzert nicht bestuhlt, würde es mich kein bisschen wundern, wenn sich meine Füße ebenfalls unfreiwillig im Takt in Bewegung setzen würden, um die Show-Schritte zumindest andeutungsweise noch einmal durchzugehen. Jetzt kribbeln sie nur sehr unangenehm, da sie nicht ihren gewohnten Gang gehen dürfen. Hold for 12, tiefes B flat, march forward 8, hold 4, 16 Schritte halb schräg rechts rückwärts, Elbows up!, 4 count pivot to the left, march, 48 Schritte die 30-Yard-Line vorwärts runter, hold for 16, turn, seitwärts, crab legs, Live and let die. Oder so ähnlich. Ein wirklich sehr merkwürdiges Gefühl. Vielleicht sollte ich mein Instrument doch mal wieder entstauben?
Das Gefühl verstärkt sich mit fast jedem Song, den Tom Gaebel mit seinem Orchester an diesem Abend anstimmt. Die Band ist tight, bestens gelaunt und Gaebel wickelt mit seiner honigfarbenen Swingstimme und sympathischen Art den Saal fix um den Finger. Mich auch irgendwie.
Zauberei am Theremin
Zur Titelmelodie von Captain Future spielt Gaebel tatsächlich das Theremin. Ja genau, dieses schräge, elektronische Instrument, was in den Science Fiction-Filmen der 60er und 70er für allerhand schiefe und gruselige Geräusche produzieren durfte. Bei meinem Ausflug ins Deutsche Museum in München hatte ich selbst die Gelegenheit, auf einem dieser Geräte zu spielen. Über den quietschenden Krach von Sheldon aus der Big Bang Theory bin ich bei diesem Experiment aber nicht hinausgekommen. Auf wundersame Art und Weise klingt das Zauberding bei Tom Gaebel aber tatsächlich wie Musik. Und auch noch passend zur Band. Respekt.
James Bond, Rocky, Loveboat, From Russia with Love, Pink Panther, Married with Children, Star Wars. Tom Gaebel schafft es mit seiner bunten Mischung aus Agenten-Songs das recht alte Publikum an sich zu fesseln. Mal hängen sie dem smarten Mann im Smoking nahezu an den Lippen, nur um dann im nächsten Stück auf der Sitzkante zu hocken und begeistert mit zu grooven. Ich sage ja, dieses Konzert würde auch hervorragend unbestuhlt funktionieren. Auch wenn ich dann alleine durch meine Marching Band Show watscheln würde. Ein Herr vor mir dirigiert heimlich mit und ruft sogar laut “Bravo!”. Ich bin in einer anderen Welt.
Mission accomplished
Zum großen Finale gibt es schließlich wieder Bond. Gold Finger und Live and Let Die. Für mich bedeutet das ein allerletztes Marching Band Flashback, bevor es nach zwei Wochen Urlaub wieder zurück in den Arbeitsalltag geht. Mit diesem schönen Abend fällt das jedoch wesentlich leichter.