Live Blog Hurricane 2014 am Freitag: Hohe Kunst von Arcade Fire und Party mit Macklemore zum Feierabend

Haltet Eure Hüte fest: LEISE/laut ist für all Euch liebe Leser auf dem Hurricane Festival 2014 in Scheeßel im „Sturm“ unterwegs. Das ganze Wochenende über halte ich euch hier mit jeder Menge Festival Schnack im Live-Blog-Style auf dem Laufenden. Also guckt gerne immer mal wieder rum. Meine persönlichen musikalischen Highlights heute: I Heart Sharks, George Ezra, Feine Sahne Fischfilet, The Naked and the Famous, Apologies I have None, The Sounds, Flogging Molly, Chuck Ragan, Thees Uhlmann & Band, Egotronic, We came as Romans, Casper, Bad Religion, The Kooks and natürlich Arcade Fire. Also mehr als volles Programm. Wo kann ich mich klonen lassen?

11:37 Uhr:
Hallo Hurricane 2014! Der Carpass klebt, mein Bändchen baumelt am Handgelenk und alles in mir wartet nur darauf, dass um 15 Uhr die wunderbaren I Heart Sharks auf der White Stage das Festivalprogramm eröffnen. Nun gut, gerade sitze ich noch im Auto am Guest List Counter und warte auf meine Mitcamper. Die sind noch irgendwo kurz vor Bremen auf der Autobahn. Aber kein Problem, ich sitze ja schon eh mehr oder weniger in meinem „Zelt“. Hier einen großen Dank an meinen kleinen Bruder, dessen Kombi ich für das Hurricane Wochenende zu meinem Wohnzimmer umbauen durfte. Nur das erste Bier muss noch warten, das „Zelt“ soll ja auch noch auf dem Zeltplatz ankommen.
Anekdote der Anreise: Polizeikontrolle in Sottrum, auf dem Weg kurz vor Scheeßel. Der Beamte winkt vor mir ein Festival-Auto nach dem anderen raus. Als ich mein Fenster runterkurbeln will, grinst er nur und winkt mich durch. Die nächsten drei Autos hinter mir werden dagegen wieder rausgezogen. Anscheinend sehe ich trotz vollgestopftem, völlig zugematschten und zum Bett umgebauten Kombi extrem vernünftig aus ^^

15:01 Uhr:
Und los geht’s! Das Hurricane macht mit viel Wind seinem Namen alle Ehre. Und während im Zelt der White Stage I Heart Sharks das Festival eröffnen, blasen draußen gnadenlose Staubwolken über das Gelände. Im Zelt ist es erstaunlich voll. Die Haie liebenden Jungs ziehen eine verhältnismäßig riesige Masse an und sorgen ab dem ersten Ton ihres halbstündigen Sets für dicke Partystimmung. Klatschen, mitsingen, Crowdsurfing, das volle Programm. Da habe ich bei den Openern des Hurricanes definitiv schwächere Acts erlebt. Mit dabei auf der Setlist sind natürlich Summer, Suburbia, To be Young und andere Highlights des aktuellen I Heart Sharks Albums. Es gibt sogar noch eine Zugabe. Wie schön, weil ziemlich unüblich beim Festival.

Für mich fängt jetzt gleich ein ganz schöner Band-Marathon an. Nach I Heart Sharks geht es gleich weiter mit George Ezra, Feine Sahne Fischfilet, The Naked and The Famous, Chuck Ragan, Apologies I have None und Chuck Ragan. Die Hälfte überschneidet sich und so muss ich wohl oder übel Prioritäten setzen. Chuck Ragan habe ich am Dienstag schon in Osnabrück gesehen, daher werde ich wohl Apologies I have None den Vortritt lassen. Auch wenn mir ein Vögelchen gezwitschert hat, dass Chuck Ragan ein paar Überraschungen auf der Bühne geplant hat.


15.30 Uhr:
Als ich gerade aus dem Zelt der White Stage stolpere, um diesen Blog Post im Pressezelt abzusetzen, stehen dort bereits hunderte Menschen an. Sie alle wollen George Ezra sehen, der mit seinem Radiohit „Budapest“ für allgemeine Begeisterung sorgt. Habe ich Euch doch vor ein paar Monaten die richtige Empfehlung gegeben, was? 😉 Ich hoffe, dass ich gleich noch wieder ins Zelt reinkomme.


15:52 Uhr:
Erkenntnisse der ersten Festival-Stunde 2014: Konfetti und Seifenblasen sind immer noch schwer en vogue. Genauso sehr wie 2013.


16:07 Uhr:
Kleine Planänderung. Die Schlange bei George Ezra ist gefühlt noch einige Kilometer lang. Das ist mir zu blöd, auch wenn ich mit meinem Presseband sicher durch den Ausgang schneller reinkommen würde. Da höre ich mir lieber einen Song von draußen an (was übrigens großartig klingt), nehme mir vor auf einen Solo-Gig von ihm zu gehen und ziehe zurück zur Green Stage. Dort sorgt Auf-die-Fresse-Punkrock-Kapelle Fucked Up für die ersten Moshpits der diesjährigen Hurricane-Ausgabe. Eigentlich genau das richtige, um ordentlich in Festivalstimmung zu kommen. Der beleibte Sänger mit Rückenpelz erzählt derweil, er habe durch medizinisches Marijuana 120 Pfund abgenommen. Jubel im Publikum. Am Gewicht seien seine Antidepressiva Schuld gewesen. Was genau er mit dieser Aussage bewirken will, weiß ich nicht so richtig, aber sympathisch ist er dennoch. Er bedankt sich sehr brav und herzlich bei den Securities, die immer wieder fleißig auf ihn aufpassen, wenn er ein Bad in der Menge nehmen möchte. Netter Typ.Ungewöhnliche Sichtungen bisher: Kennt Ihr diese Nachfüllbeutel für Waschmittel und Co.? Anscheinend lassen sich daraus auch wunderbar Getränkeflaschen fürs Festival basteln, die sogar mit aufs Infield dürfen. Ich wünsche den Jungs keine Seifenrückstände 😉


16:38 Uhr:
Oh mein Gott! Es gibt allen Ernstes einen Massagestand! Ich weiß, wo ich sicher morgen nach meinem Frühstück um 12 Uhr sitzen werde. Das ist wohl die großartigste Idee, die man für zeltbodengeplagte Festivalbesucher haben kann.


16:56 Uhr:
Gänsehaut! Und das nicht, weil der Sommer heute einfach mal Pause macht. Schuld sind dieses Mal The Naked and The Famous mit ihrem melodiös zarten, aber dennoch treibenden Elektropop. Mit „Punching in a Dream“ haben sie mir im Club schon so manchen Samstagabend versüßt, aber live ist das noch mal eine ganz andere Liga. Während ich beim ersten Song des Sets noch überlegt habe, vielleicht dich zu Chuck Ragan zu gehen, weil die Band einfach einen eher schwachen Start hingelegt hatte, ist es jetzt gar keine Frage. Ich bleibe. Die Sängerin gibt trotz Jetlag -die Band ist erst am Tag zuvor aus Los Angeles einflogen worden- alles und auch ihr männlicher Counterpart weiß zu verzaubern. Bei „Girls like you“ fühlen sich sicher einige Damen im Publikum angesprochen. The Naked and The Famous haben genau die richtige Mischung aus mitreißenden Partytracks zum Abdancen und ruhigen Nummern zum Weltvergessen im Gepäck. Da muss ich jetzt einfach noch etwas zuhören. Bis später! (Ich tippe nämlich gerade wirklich direkt vor dem Mischpult auf meinem iPad herum. 😉 sicher ein komischer Anblick für viele.)


17:20 Uhr:
Schweren Herzens reiße ich mich bei The Naked ans The Famous los, weil ich ja auf der Red Stage Apologies I have None sehen will. Hier ist fast nichts los, ich kann ziemlich entspannt bis ganz nach vorne durchgehen. Das Hurricane steht eben sehr auf The Subways, die gerade auf der Green Stage stehen und eben den Nackten Berühmten auf der Blue Stage. Während ich Apologies I have None auf Platte echt gut finde, brauchen sie hier live beim Hurricane doch eine Weile, bis sie mich überzeugen. Die Londoner haben einen rumpeligen Start, die Töne wollen einfach nicht sitzen, scheint es. Insgesamt wird daraus noch eine solide Sache, aber irgendwie kommen sie mit ihrem Set bei mir über ein „ja, ganz gut“ nicht hinaus. Schade. Aber zumindest den paar Fans vor der Bühne scheint es noch etwa besser als nur gut zu gefallen. Die überwiegend jungen männlichen Zuschauer klatschen immer mal wieder fleißig und versuchen sich stellenweise auch im Mitgrölen. Joa. Immerhin muss man bemerken, die Jungs steigern sich mit jedem Song spürbar. Vielleicht mussten sie sich einfach noch etwas warm spielen.


17:39 Uhr:
Und das iPad im Publikum ist in der Tat ein komischer Anblick für viele Festivalbesucher. Ein Mädchen stellte sich gerade neben mich und fragte vorwurfsvoll, was denn bitte so wichtig auf meinem Tablet sein könnte, dass ich mir die Band nicht anschaue. Erst meine Antwort, dass ich ja gerade über die Band geschrieben habe, beruhigte sie wieder. Aber gut, ich bin ja im Moment auch nicht als „Presse“-Mensch erkennbar. In diesem Jahr gibt es keine extra Pässe, die einem sonst an der Hose herum baumeln, und mein Bändchen ist gut von meiner Jacke verdeckt.


18:08 Uhr:
Meine erste Pause des Tages. Zur Abwechslung stehe ich mal nicht mit meinem iPad irgendwo in der Masse, sondern sitze ganz brav im Pressezelt. Hier habe ich eben noch den Rest von The Subways mitbekommen und lausche nun den Klängen von The Sounds, die hier von der Blue Stage aus herüber getragen werden. Das wäre sicherlich auch keine schlechte Wahl gewesen. Klasse Sounds zum Feiern. Haha, was für ein Wortspiel. Aber die alte Frau muss sitzen. Und ich war auch noch gar nicht drüben im VIP Bereich. Da laufe ich glaube ich gleich kurz noch mal hin, bevor ich mich zu Flogging Molly vor die Green Stage stelle. Flogging Molly müssen einfach bei jedem Festival sein, das ist meine Tradition. Auch wenn ich dann nicht das geschmierte Brot von We Butter the Bread with Butter sehen oder hören werde.


18:54 Uhr:
Während Flogging Molly auf der Green Stage gerade für fette Partystimmung sorgt, versinkt das Hurricane Festival in einer riesigen Staubwolke. Der Sand knirscht schon zwischen den Zähnen und meine Sonnenbrille ist längst zur Staubschutzbrille umfunktioniert. Das tut der guten Stimmung aber absolut keinen Abbruch. Das ganze Festival tanzt begeistert zu den angepunkten irischen Folk-Klängen. Ich freue mich nen Keks, dass sie eigentlich doch das gleiche Programm wie immer spielen. Betrunkene Schlaflieder, Abschiedslieder, Geschichten über betrunkene Piraten. Da kann man einfach nicht stillstehen. Und so bewegt man sich gerade auch am besten durch die Menge: an engen Stellen einfach tanzen, dann kommt man auch vorwärts 😉

So staubig ist es hier gerade:

Und jetzt: Auf zu Bombay Bicycle Club.


19:26 Uhr:
Löblich: Die Essensauswahl auf dem Festivalgelände hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren stark vergrößert. Statt den sonst üblichen Pizza, Döner, Fritten, Currywurst, Chinamann und Hot Dogs gibt es jetzt kulinarische Spezialitäten aller Herren Länder und auch Vegetarier/Veganer kommen auf ihre Kosten. Allerdings nimmt das Ganze auch ein wenig abstruse Züge an: Was zum Beispiel ist Vegan Chicken? Wieso nennt man etwas so, wenn das doch eigentlich genau das ist, was man nicht essen möchte? Olle Modeerscheinungen.

Auch interessant: Die Steffen Henssler Festival Küche. Hier gibt’s angebliches Gourmet Futter… zu Gourment Preisen. Ab ca. 8 Euro ist man dabei, mit viel preislicher Luft nach oben. Ich muss zugeben, dass meine persönliche Schmerzgrenze für Festivalfutter, so gut es auch sein mag, irgendwo bei ca. 7 Euro liegt. Zweistellige Beträge empfinde ich als vollkommen unangebracht. Selbst wenn das Essen an sich sie vielleicht wert sind, ich bezahle freiwillig keine 12 Euro für ein Gericht, dass direkt nach dem Servieren in einer Staubkruste paniert ist. Ein Festival ist für solche kulinarischen Genüsse einfach nicht die richtige Umgebung, finde ich. Aber vielleicht lasse ich mich ja bis Sonntag noch überzeugen. Wer weiß.


21:54 Uhr:
Entschuldigt die lange Stille. Statt bei Bombay Bicycle Club bin ich am Zelt gelandet, habe meine Kamera gewechselt und mal den Staub von meinen Gerätschaften abgeklopft. Und dann, ja dann, dann kam der Thees Uhlmann auch schon auf die Bühne. Thees Uhlmann ist wohl definitiv einer der sympathischsten Musiker, die das Hurricane Festival je gesehen hat. Im Gegensatz zu anderen, abgeklärten Frontmännern, freut sich Thees Uhlmann immer noch diebisch, wenn die Menge lautstark mitsingt, die Hände rhythmisch in die Höhe reißt oder einfach über seine Anekdoten lacht. Letztere erzählt er zwischen den Songs mit so viel Herz, dass man nach seinem Gig einfach nur mit einem großen Grinsen im Gesicht weitergehen kann. Das klebt mir auch immer noch auf den Wangen. Thees spielte sich durch seine festivaltauglichen Stücke a la „Mädchen von Kasse 2“, „Vom Delta zur Quelle“, „Jay Z singt uns ein Lied“, „Zugvögel“, „7. März“ und einige andere. Natürlich durfte auch „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ nicht fehlen. Rundum ein toller Auftritt, womöglich mein bisheriges Highlight des Tages. Dabei kam sogar noch die Sonne richtig raus und über der Bühne kreisten zwei Störche. Wie ramontisch!

Gerade spielen 30 Meter rechts von mir The Kooks und sorgen in gewohnter Manier für locker entspannte Feierabend-Partystimmung. Ich ruhe mich noch aus, nehme gleich eventuell die erste Viertelstunde von Casper mit und werde dann den Kompromiss des Abends eingehen: Kein Bad Religion für mich. Casper, Bad Religion und Arcade Fire spielen nahezu komplett gleichzeitig. Das tut weh. Da ich aber sowohl Casper als auch Bad Religion schon mehrfach live gesehen habe und Arcade Fire noch nie auf einer Bühne vor mir standen, werde ich mir wohl den offiziellen Festival-Headliner reinziehen. Irgendwo muss man eben Entscheidungen treffen. Wehe, sie sind heute nicht so toll, wie sie angeblich vorgestern in Berlin waren!


00:54 Uhr:
Noch ein kurzes Fazit des Tages, bevor das Pressezelt in 6 Minuten zu macht und das Internet gleich ausgeschaltet wird. Entschuldigt also den Stakkato Stil. Arcade Fire, was für eine geniale Show! Künstlerisch und kulturell hoch wertvoll. Es war ein bisschen so, als wäre man in einem musikalischen Theaterstück gelandet. Mittendrin habe ich mich dann (leider) doch noch von meinen Mitcampern überreden lassen, rüber zu Bad Religion zu gehen. Für ihr Alter sind sie immer noch unglaublich schnell und immer noch unglaublich gut. Nur leider war der Sound eher das Gegenteil, wenn man es nicht in die erste Absperrung geschafft hat. Ähnlicher Brei wie im letzten Jahr bei Macklemore. Der hat dagegen jetzt 1A-Sound, an der Blue Stage hat man vom letzten Jahr gelernt und mehr PA aufgehängt. Dort feiert die Meute gerade noch den Abschluss des Tages.

Insgesamt war der erste Hurricane-Tag sehr entspannt, nicht zu kalt, nicht zu nass, wenn dann nur etwas (sehr viel) zu staubig. Mein persönliches Highlight ist und bleibt heute einfach Thees Uhlmann. Du rockst, min Jung!

Gute Nacht und bis morgen!

So geht’s Samstag weiter: hier entlang.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.