Joga Club. Das sind fünf Osnabrücker aus fünf verschiedenen musikalischen Himmelsrichtungen. So steht es zumindest in ihrem Pressetext zu ihrem zweiten Studioalbum Mosaik Musik. Die neue Platte verspricht laut Beipackzettel von Timezone Records deutschen Pop mit mal poetischen, mal persönlichen Texten, die auch mal über das klassische „du und ich“ hinaus gehen. Oder ganz einfach: Tanzbare Tragödien. Das haben wir uns mal genauer angehört: Ein Eindrucksprotokoll.
Elf Tracks, eine schöne Papphülle. Alles schreit: handgemachte Musik! Das ist schon mal sehr vielversprechend. Aber Cover gaukeln einem bekanntlich viel vor. Das Album landet im Player, los geht’s. Und die ersten Töne gefallen in der Tat. Melancholische Passagen wechseln sich mit tanzbarem Schrammel-Poprock ab. Die Texte sind anscheinend um ein vielfaches durchdachter und ausgefeilter, als das bei vielen anderen Kapellen in letzter Zeit der Fall war. Kein reim dich oder ich fress‘ dich, keine großartig verkopften Hipster-Indie-Experimente, dafür eindrückliche Bilder und kleine Alltagsgeschichten. Sehr schön. Textlich erinnert es manchmal sogar an Bosse. Ob das so weiter geht?
Die Textpassagen betten sich auf sehr ordentlich produzierten Arrangements aus treibenden Rockbeats und ebenfalls eher rockigen als poppigen E-Gitarrenlicks und Riffs, die einen schon mal dazu bringen, ein bisschen durch die Wohnung zu tanzen. Die Popanmutung kommt dann doch eher vom großzügig eingesetzten Piano und Keyboard-Sounds. Das gibt dem ganzen immer wieder einen leichten Achtziger-Touch. Elton John lässt grüßen. Hin und wieder übertreiben sie es damit vielleicht ein bisschen. Drama, Drama, Drama. Zusammen mit der stampfenden Basedrum kratzt die erste Single des Albums „Der Plan“ stellenweise hart an der Grenze zum Schlager. Luxuslärm passiert das auch gerne mal. Glücklicherweise revidiert der Rest der Platte diesen Eindruck größtenteils.
Tanzbarer Pop-Rock bestimmt weiter das Bild. Eingängige Hooks, schöne, wenn auch durch die Bank weg melancholische Melodien schleichen sich heimlich aber bestimmt in den Kopf. Ja, ich ertappe mich sogar dabei, dass ich bei „Winter“ plötzlich mitsinge, ohne dass ich den Text oder die Melodie vorher schon einmal bewusst gehört hätte. Das ist in der Regel ein gutes Zeichen. Hier auch? Eigentlich schon. Im Prinzip gefällt nämlich, was da aus den Boxen schallt.
Trotzdem hat diese Platte, ja eigentlich vielmehr diese Band, für mich persönlich einen großen Wermutstropfen: Die Stimme des Sängers Philipp Rethmann. Es ist nicht so, dass er die Töne nicht trifft. Im Gegenteil. Es ist vielmehr die Art, wie er sie auf Mosaik Musik einsetzt. Die Tonhöhe, die mehrstimmigen Einsätze und die theatralische Dramatik in der Singstimme sind für meinen Geschmack stellenweise schlicht too much. Der Band gelingt es oft nicht, dem ganzen Stimm-Drama genügend Band-Drama entgegenzusetzen. An manchen Stellen können energische Gitarren zwar die überschwängliche Stimme abfedern, nur eben nicht oft genug. Das Gleichgewicht fehlt. Auf Dauer ist das ziemlich anstrengend. Geht es vielleicht auch eine Oktave tiefer? Hin und wieder fühlt man sich gerade so, als ob man in einem Rockmusical gefangen ist, in dem immer weiter Spannung aufgebaut wird, die Entspannung aber einfach nicht kommen will. Schade. Oder ist das ein gewollter Teil der Dramatik dieser tanzbaren Tragödien?
Dass Philipp Rethmann durchaus anders kann, zeigt der Song „Souffleur“. Hier klingt seine Stimme wesentlich natürlicher, entspannter und angenehmer. Und das liegt nicht nur am Sprechgesang, der hier zum Einsatz kommt. Insgesamt ist Mosaik Musik ein schönes Poprock-Album, das durchaus gut gefallen kann. Vorausgesetzt, man mag die Stimme sofort.
Schulnote: 3+
Selbst reinhören? Hier geht’s lang.
Joga Club – Mosaik Musik (2012)
Timezone Records
1. Trauriger Clown
2. Der Plan
3. 3D
4. Winter
5. Fischerdorf
6. Ich Kann’s Nicht
7. Augenringe
8. Zwei Tänzer
9. Lasst Sie Gehen
10. Souffleur
11. Der Mann im Mond
Eines der besten Alben 2012…Bereich Newcomer…