Osnabrück. „Also ich kann mit der Musik absolut nichts anfangen“, erzählt eine Mutter vor den Türen des Hyde Parks. Ihre 16-jährige Tochter höre aber nichts anderes mehr. Der groß gehypte Bielefelder Rapper Casper war am Sonntagabend mit seiner ausverkauften „Der Druck steigt“-Tour zu Gast in Osnabrück und sorgte damit für große Begeisterung.
Die ersten Fans standen bereits ab 11 Uhr vor der Halle, um ganz nah dabei zu sein. Das Publikum ist an diesem Abend auffällig jung, hauptsächlich halbstarke Jungs und Teenager-Mädchen, von denen einige sogar noch von ihren Eltern begleitet werden. Diese lassen das Konzert wohl eher über sich ergehen, als dass sie es genießen.
Für die Fans scheint es aktuell nichts Besseres als Casper zu geben. Als der 29-Jährige, von dichtem Trockeneisnebel umwabert, geradezu feierlich die Bühne betritt und unter donnernden Beats seine Show mit „Der Druck steigt“ beginnen lässt, zieht ein tosender Begeisterungssturm durch den Hyde Park, der sich bis zum Ende des Konzerts kaum legt.
Casper begeistert mit seiner ganz eigenen Interpretation von deutschem Rap. Statt auf klassische Hip-Hop-Beats bettet Casper seine Lyrics auf einen bunten Stilmix verschiedener Genres. Der Bielefelder kombiniert seinen Rap mit Indierock- und Elektroelementen, die nicht vom Band, sondern mit viel Power von seiner Live-Band gespielt werden. So wundert es dann auch fast schon nicht mehr, dass Casper während des Songs „Rock’n’Roll“ Rockshow-Elemente wie „Wall of Death“ und Pogo-Tanz von seinem Publikum verlangt.
Caspers Texte handeln von Freundschaft, Liebe und Enttäuschungen, von Verlusten, Zukunftsangst und dem Erwachsenwerden. Die kratzig-raue und oft aggressiv klingende Stimme ist gewöhnungsbedürftig, kontrastiert aber geschickt die häufig melancholisch-emotionalen Inhalte seiner Texte. Mal gibt er sich laut und rebellisch, im nächsten Moment wieder leise und regelrecht zerbrechlich. nahezu wie das emotionale Auf und Ab der Pubertät.
Das teils noch pubertäre Publikum zeigt sich absolut textsicher, schreit sich fast jede einzelne Zeile mit voller Kraft aus dem Leib. Es hat fast den Anschein, als ob Caspers Texte für sie ihre Hymnen zum Erwachsenwerden wären, die alle Antworten auf die Fragen liefern, die sie in dieser Zeit beschäftigen.
Der Bielefelder hat die junge Masse fest im Griff, lässt sie die Arme zum Beat schwenken, schreien und vollkommen durchdrehen. Einzig die Hormone einiger Mädchen kann er nicht kontrollieren. So flammen den ganzen Abend über immer wieder ohrenbetäubende „Ausziehen! Ausziehen!“-Sprechchöre auf, die man sonst doch eher von Popkonzerten kennt. Casper nimmt es mit Humor, macht sich einen Spaß daraus, „alle über 18 und Geschlechtsreifen“ allein skandieren zu lassen, und ist sichtlich überrascht, als der Saal an dieser Stelle nicht vollkommen stumm bleibt.
Nach gut 90 Minuten und insgesamt 19 Stücken aus der aktuellen Platte „XOXO“ und älteren Alben beendet Casper seine Show vor einem völlig ekstatischen Publikum mit dem Song „So perfekt“. Die Textzeile „Alles wird perfekt, so perfekt!“ spricht den Fans wohl aus der Seele.