„Wenn ihr bereit seid macht mal Lärm!“ – Revolverheld Live und In Farbe Clubtour 2010

Live und in Farbe Tour 2010. Revolverheld haben Deutschland mit einer vielerorts komplett ausverkauften Tour mal wieder gezeigt, dass sie zu Recht als eine der besten Livebands in Deutschland gehandelt werden. Die Supportband Boys Like Girls musste leider aufgrund der Aschewolke ihre Tourteilname letztlich endgültig absagen, da sie einfach nicht aus Boston raus gekommen sind. Dafür hatten mit Revolverheld befreundete und bekannte Bands die Chance, die Leute im Vorprogramm anzuheizen.

Insgesamt überzeugte die Band auf ihrer kleinen, aber sehr feinen Clubtour mit einer sehr ausgewogenen und gut abgestimmten Setliste, musikalischer Präzision und einer ordentlichen Portion Publikumsinteraktion und Selbstironie, die jedes Konzert zu einem Erlebnis werden ließen.

Die Tour führte die Jungs von Hannover, über Dresden in die Schweiz nach Winterthur, weiter ins Allgäu zum Go to Gö Festival in Görisried bis in die bayrische Landeshauptstadt München. Von dort ging es weiter nach Wien, Stuttgart, Köln, Berlin und schließlich zum großen Heimspiel nach Hamburg. 
LEISE/laut war insgesamt acht Mal auf dieser Tour mit am Start. Hannover, Winterthur, Görisried, München, Stuttgart, Köln, Berlin, Hamburg. Dank diverser Fotopässe durfte auch vier Mal die „große“ Kamera ausgepackt und im Graben auf die Probe gestellt werden. 
Die meisten Bilder aus Winterthur, München, Köln und Berlin sind inzwischen auch auf www.revolverheld.de zu finden, aber auch wie immer hier bei flickr. 
Eine freudige Nachricht zum Schluss für alle treuen Fans der Hamburger Jungs: beim Tourabschluss am Sonntag in Hamburg wurde endlich die erste, lange erwartete Live-DVD von Revolverheld aufgezeichnet. Das gute Stück soll ab Herbst beim Platten- und DVD-Dealer des Vertrauens erhältlich sein. Wir sind gespannt!

Die Tour aus der Sicht von LEISE/laut in Kürze (oder Länge):

13.04.2010 Hannover, Musikzentrum
Ausverkaufte Hütte. Die Tickets gingen bei Ebay teilweise für unglaubliche 161 Euro weg. Bis auf die Abwesenheit von Boys Like Girls (die noch krank sind), ein perfekter Tourstart mit einem sehr entspannten, aber trotzdem feierwütigem Publikum. Rauschenberger springen für Boys like Girls ein und stimmen die knapp 600 Leute ordentlich ein. „Slayer!!!“ und so ruft man mal als Aufwärmprogramm für die Stimmbänder. Das Stimmbandtraining setzt sich bei Revolverheld ohne großes Zögern fort. Die Jungs sind sichtlich gerührt, dass ihnen nach fast 2 Jahren Live- bzw. Tour-Abstinenz so ein großartiger Empfang bereitet wird.

16.04.2010 Winterthur (CH), Salzhaus
Es scheint, als ob an diesem Freitag Nachmittag in ganz Süddeutschland Stau ist. So verpassen wir auch glatt die Vorband und stolpern etwa 15 Minuten vor Showbeginn von Revolverheld völlig abgehetzt an das Kassenhäuschen. „Wer von Euch ist Katharina?“ fragt die Dame in einem leicht bedrohlichen Ton und übelstem Schweizer Dialekt. Ich hebe leicht verängstigt die Hand. „Hierrr, derr ist fürrr diccchh“ und drückt mir einen Fotopass in die Hand. Etwas verdattert gucke ich erst auf den gelben Sticker in meiner Hand und dann auf die 8cm-Absätze meiner Stiefelletten. Unverhofft kommt mal wieder oft. Schön, dann werde ich wohl noch mal zurück zum Auto rennen, denn ohne große Kamera und dazu auf diesen Schuhen lässt es sich eher schlecht fotografieren. Völlig außer Puste haste ich keine 5 Minuten vor Showbeginn wieder in Turnschuhen und mit meinem kompletten Kamera-Equipment bewaffnet in den Graben. Der ist allerdings nicht vor der Bühne, sondern neben der Bühne. Alles eher suboptimal, aber ein paar nette Bildchen kommen doch noch dabei raus. Das Schweizer Publikum ist insgesamt etwas schwerfälliger als Hannover noch vor einigen Tagen. Dafür sind besonders die Mädels in den ersten Reihen um so hysterischer. So gar nicht typisch schweizerisch irgendwie 😉


17.04.2010 – Go to Gö Festival in Görisried
Wo zum Henker liegt eigentlich Görisried? Die Antwort: Mitten im Nirgendwo, irgendwo im Allgäu. „Die von Ihnen gewählte Route enthält eine Fährverbindung. Möchten Sie die Fähre nehmen?“ schnarrt uns mein Navi entgegen. Nein! Dumm nur, dass wir erst eine Stunde später merken, dass wir jetzt von der Schweiz aus einmal um den ganzen Bodensee herum fahren müssen.

„An der nächsten Raststätte an der Autobahn halten wir an!“
Guter Plan. Dumm nur, wenn da auf dem Weg gar keine Autobahn mehr ist. So verschlägt es uns dann wohl oder übel nach Kempten in ein großes Einkaufszentrum, wo wir drei Mädels noch einen kurzen Shopping-Marathon einlegen. Wir haben ja auch nicht so schon genug Gepäck dabei. 100 Kilo mehr, was ist das schon. Der Weg nach Görisried ist nicht mehr weit. Wir fahren inzwischen nur noch durch grüne Wiesen. Die Straßen sind streng genommen nur noch asphaltierte Feldwege. Hier sagen sich wirklich noch Fuchs und Hase gute Nacht. Immerhin ist die Ausschilderung gut. Das Gelände finden wir problemlos, sind aber doch etwas verdutzt. Da steht ein Zelt in das locker 10.000 Menschen passen. Mitten auf einer Kuhwiese. Die Parkplätze drum herum sind auf den gemähten Wiesen ungelogen bis zum Horizont abgesperrt, so dass man kaum ein Ende sieht. Nur… wo sind die Leute? Hier stehen gerade einmal 30 oder 40 Autos, die meisten davon von der Belegschaft. Offensichtlich sind wir zu früh. Keine 2 Stunden später ist dafür auf dem Parkplatz die Hölle los. Autos und Menschen soweit das Auge reicht. Es scheint, als ob sich das gesamte Allgäu an diesem Abend auf dem Festivalgelände versammelt hat. Der Eintritt ist vorkriegszeitlich günstig (10 Euro) und auch die Mass Bier kostet gerade einmal 5 Euronen. Ganz zu schweigen von den unzähligen Longdrinks, die es für unglaubliche 2 Euro zu kaufen gibt…
 Dementsprechend angeheitert und aufgeheizt ist die Masse, als Revolverheld gegen 21.30 Uhr die Bühne entern. Mit jedem Song steigen im Publikum Lautstärke und Alkoholpegel proportional. Man möchte fast von einer organisierten Druckbetankung sprechen. Die Stimmung ist feuchtfröhlich, die Allgäuer Jugend hat eine Mordsgaudi und insgesamt ist das „Dorffest“ eine sehr runde, extrem feuchtfröhliche Angelegenheit. Wir verziehen uns dann kurz vor Mitternacht doch lieber noch schnell und fahren zum Feiern nach München…

18.04. München – Backstage Werk (fast ausverkauft)
Irgendeine höhere Macht möchte auf dieser Tour nicht, dass ich die Vorbands vollständig oswe überhaupt mitbekomme. 1,5 Kilometer vor dem Club rumpelt mein Auto an einer Ampel, muckt auf und geht aus. Irgendwie schaffen wir es noch, die Trulla (wie ich meine treue Kutsche vor einiger Zeit getauft habe) auf den Parkplatz des Backstage zu manövrieren, wo ich sie bei genau 219000 km für tot erkläre und den ADAC rufe.
Der „gelbe Engel“, nennen wir in Murat, schraubt emsig, aber trotzdem etwas planlos am Motor rum, während drinnen Fertig, Los! ein wunderbares Set spielen, von dem ich leider nur je nach Windböe den ein oder anderen Bass höre. Boys like Girls sitzen jetzt nicht mehr wegen Krankheit sondern wegen des isländischen Vulkans weiter in den USA fest.

Ich bin verzweifelt, und Murat wittert wohl eher ein zwielichtiges Geschäft für seinen Schrottverwerterkumpel, als dass er mir das wirkliche Problem meines Autos erklärt. Vorschnelle Diagnose: Motorschaden. Für 200 Euro würde sein Kumpel ihn mir abkaufen. Ich habe keine Zeit mich weiter um so einen Rotz zu kümmern, schließlich muss ich ja noch vorne im Graben fotografieren. Das wegen Murat noch ein riesiges Drama auf mich zu kommen soll, ahne ich jetzt noch nicht. Das Drama in meinem Kopf ist so schon viel zu groß und meine Nerven liegen vollkommen blank.
Wieder gerade einmal 5 Minuten vor Showbeginn von Revolverheld stolpere ich als komplettes nervliches Wrack durch den Seiteneingang zum Fotograben und schaffe es doch noch, mich für die ersten drei Songs professionell zusammen zu reißen und ein paar ordentliche Fotos zu schießen.

Dann, nach mir die Sintflut. Irgendwie überlebe ich das Konzert, trauere schwer um mein totgeglaubtes Auto und bin froh, dass Rici und Meike so lieb neben mir stehen. So viel Emotionen gab es schon lange nicht mehr. Für München ist die Stimmung wirklich außerordentlich gut. Kein Vergleich zum betrunkenen Wahnsinn am Vortag, aber trotzdem. Die Leute freuen sich ehrlich und feiern sich selbst und die Band.

Nach dem Konzert hebt sich meine Stimmung doch noch einmal kurz: Dank ADAC Plus gibt’s jetzt einen Mietwagen für eine Woche, einen Touran, und irgendwie kommen wir auch noch wieder zu Hause an. Trulla steht dagegen einsam und allein auf dem Parkplatz des Backstage… aber das ist eine andere Geschichte…

21.04.2010 Stuttgart, Die Röhre
Ausverkauftes Haus. Die Leute stehen in diesem kleinen, ehemaligen Straßentunnel bis ins Foyer hinaus und feiern was das Zeug hält. Blind sind Vorband und schaffen es, auch einige der enttäuschten Boys Like Girls Fans zu begeistern. Es ist unglaublich heiß und der Bühnengraben vorne ist unglaublich klein.  Oder die Bühne unglaublich niedrig. Ich komme mir anfangs ein wenig so vor, als ob ich gerade bei der Band durchs Wohnzimmer laufen und mir den Kuchen vom Kaffeetisch klauen würde. Es ist so eng im Publikum, dass ich nach dem Fotoeinsatz nicht die geringste Chance habe, mich zu Meike und Rici durchzukämpfen. Also bleibe ich lieber gleich ganz Rechts neben der Absperrung stehen und schaue den Leuten beim Feiern zu. Ungewohnte Perspektive, aber kann auch mal sehr interessant, die Gesichter und Reaktionen der Leute zu sehen, die sonst meistens hinter einem stehen.

22.04.2010 Köln, Live Music Hall
Heute ist der Tag der Tage, im Kalender rot markiert. Es geht zurück an den Ort, wo vor inzwischen fast 4 Jahren beim Generation-Rock-Tourabschluss ein 40qm großes Banner über den Köpfen der Leute ausgebreitet wurde. Dazu wird Gitarrist Niels heute 30, wir haben mit den anderen Bandmitgliedern und Management konspiriert und eine kleine Überraschung vorbereitet. Obendrauf hat Meike auch noch ein Meet & Greet gewonnen. Etwas peinlich alles, aber letztendlich doch ganz schön. Niels bekommt seinen Geburtstagskuchen und wir quatschen ein bisschen über dies und das. Nach 15 Minuten ca werden wir von der Promoterin durch die Katakomben und das Backstage wieder vor die Bühne geschleust, vor der es inzwischen gut voll ist. 1500 Leute gehen in den Laden rein. Geschätzte 1300 sind da. Ordentlich. Jona S bieten ein schönes Aufwärmprogramm, dass etwas an Clueso erinnert.

Die Show rockt wie die Luzi und es ist mal wieder sehr, sehr warm. Schön. Unsere Truppe feiert sich und die Band in feinster Familientreffenmanier und liegt sich bei „Beste Zeit deines Lebens“ mit einem großen Grinsen im Gesicht und den Erinnerungen an den 10. Dezember 2006 vor Augen, in den Armen. Damals…
Kurz vor der Zugabe sehe ich, wie der Herr Bandmanager am Rand der Absperrung steht und mit den Augen das Publikum absucht. Unser Zeichen. Ich stürme los zu ihm, um eigentlich das Material für die Überraschung in Empfang zu nehmen. Leider gibt es ein Problem: Glasflaschen dürfen nicht auf die andere Seite der Absperrung. 2 Sekunden Ratlosigkeit. „Ja dann komm doch einfach eben hier rüber“ höre ich ihn dann dumpf durch den Jubel der Masse sagen. Ich schnappe mir schnell noch Meike und wir beide klettern durch die Absperrung in den Bühnengraben und köpfen innerhalb eines Songs 6 Flaschen Prosecco, den wir auf ca. 100 Plastikbecher verteilen. Pünktlich zu Spinner stehen wir bereit und während im Publikum 150 Happy Birthday-Schilder hochgehalten werden, stehen wir vorne im Bühnengraben und verteilen Prickelwasser. Die letzten zwei Songs schauen wir uns so grinsend von der Seite an. Die Kulisse ist wirklich unglaublich. Noch eine bessere Perspektive gibt es garantiert nur noch von der Bühne aus.

23.04.2010 Berlin, Lido
„Oh mein Gott“ muss sich unsere Mitfahrerin wohl gedacht haben, als wir sie pünktlich um kurz nach 10 morgens in Köln vor dem Hotel Excelsior einsammeln. Ein Touran, vollbepackt mit tollen Sachen die das Leben schöner machen, dazu mit 5 Mädels auf Tour an Bord, die nur eins im Kopf haben: Bands, Musik und Feierei. Dass der Touran ein 7-Sitzer ist (ok, 2 davon im Kofferraum), scheint sie wenig zu beeindrucken, als sie das bereits vorhandene Gepäck skeptisch mustert. Auch mein fröhliches „naja, wir spielen jetzt ein bisschen Kofferraum-Tetris, dann passt das schon“ sorgt nicht für die erhoffte Erleichterung. Aber was will man machen. Wir kriegen wirklich alles im Auto untergebracht und begeben uns auf die 600km-Fahrt nach Berlin. Es muss schon wirklich etwas beängstigend aussehen: Die Fahrerin denkt sich ständig neue Begründungen für diverse Geschwindigkeitsbegrenzungen aus (80 bei Nässe, Schrittgeschwindigkeit), die Beifahrerin hantiert während der Fahrt mit einem Glätteisen und bearbeitet später am MacBook Konzertfotos vom Vorabend, während auf der mittleren Bank Outfits zurecht gelegt, Bilder bestaunt und gleichzeitig noch Zeitungsberichte geschrieben werden. Entsprechend groß ist die Erleichterung, als wir nach guten 6 Stunden Fahrt endlich in Berlin ankommen.

Das Lido mitten in Kreuzberg ist ausverkauft. Feinkost legen ordentlich vor, aber da eine Dame aus unserer Truppe noch ein kleines Ticketproblem hat, verpasse ich auch das meiste von dieser Vorband. Am Ende wird Gott sei Dank noch alles gut. Ich habe heute Abend meinen letzten Fotocall und bin schon ein bisschen melancholisch. Irgendwie ist heute schon Tourabschlussstimmung angesagt, dabei liegt Hamburg ja noch vor uns. Zusammen mit einem Kamerateam wusele ich vorne durch den wieder sehr engen Graben und bin ziemlich zufrieden mit meiner Ausbeute. Zwei Songs sehe ich mir noch von vorne aus an, bevor ich meinen Fotorucksack zur Garderobe befördere. Auf dem Rückweg entdecke ich ganz hinten an der Bar ein paar Bekannte Gesichter und bleibe spontan mal ganz hinten stehen. Auch nett. Es gibt Flüßignahrung und traditionell Tequila ohne Gemüse. Die Stimmung ist sehr gut, ordentlich und es gibt eigentlich wie immer nix wirklich zu meckern. Der Abend endet feierwütig im Magnet Club, der Gott sei Dank nur noch ein paar Straßen weiter ist. Wie gut, dass morgen „endlich“ ein Off-Day ist…

25.04.2010 – Hamburg, Große Freiheit 36.
Heimspiel. Tourabschluss. Ausverkauft. Und das seit Wochen. Hier sind die Tickets bei Ebay pro Stück in Einzelfällen für unglaubliche 130 Euro weg gegangen. Ursprünglicher Preis 25€… Heiß begehrt also. Entsprechend tropisch heiß war auch die Stimmung sowie die Temperatur in der Freiheit. Definitiv das heißeste Konzert der Tour, dass auch bei den Jungs für „Transpiration und Schnappatmung“ sorgt. Die Ansage, dass heute endlich die schon so lange erwartete erste Live-DVD gedreht wird, löst bei der Menge regelrechte Begeisterungsstürme aus, und Hamburg feiert als ob es kein Morgen mehr gäbe. Die Setliste wird mit viel Einsatz runter gespielt, leider wird auf einige Spielereien der anderen Gigs verzichtet. Man will wohl auf Nummer sicher gehen. Der Plan geht auf. Jeder Song wird gefeiert und bejubelt, als ob es der letzte wäre. So wirkt jeder Song wie eine lang geforderte Zugabe. Die Revolverjungs sind sichtlich überwältigt von so viel Zuspruch und lassen sich ganze 3 Mal außerplanmäßig wieder auf die Bühne zurück holen. Ein absolut gelungener Tourabschluss, der einfach Bock auf die Festivals im Sommer und viel Vorfreude auf die Live-DVD im Herbst macht.

Danke, alle ihr Mädels und Jungs!

Fotos: Katharina Leuck

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