Ich freue mich immer, wenn ich nach ein paar Jahren die Alben von Künstlern hören kann, die ich Jahre zuvor irgendwo mal als Support gesehen habe. Dazu gehört jetzt auch Rob Lynch. Am 22. Juli hat er sein zweites Album „Baby, I’m a Runaway“ rausgebracht.
Zum ersten Mal live gesehen habe ich Rob Lynch Anfang 2013 als Opener für Torpus & The Art Directors. Seine Stimme, sein Akzent und die Intensität, mit der er seine Songs auf die Bühne brachte, haben mich damals heftig beeindruckt. Die EP musste dann auch direkt am Merchtisch gekauft werden; das erste Album All These Nights in Bars Will Somehow Save my Soul war noch nicht draußen.
Nicht mehr ganz roh, dafür echt
Die EP lief einige Monate auf Dauerschleife bei mir im Auto auf dem Weg zur Arbeit. Und wenn mein Arbeitsweg zur Zeit nicht nur 20 Meter betragen würde, wäre das mit dem neuen Album Baby, I’m A Runaway sicherlich wieder der Fall.
Auf Baby, I’m a Runaway hat Rob Lynch sich hörbar weiterentwickelt. Noch immer leben seine Songs durch die Intensität der Geschichten, die er mal zwischen Akustikgitarre und Piano, mal mit kompletter Rockband erzählt. Geschichten aus seinem Leben, vom Zweifeln, vom Erwachsenwerden. Von der Bar, vom Verlieren und Gewinnen im Leben. Sie klingen dabei nicht mehr ganz so dreckig roh wie noch vor drei Jahren, dafür aber gereifter und durchdachter arrangiert. Gleichzeitig sind sie dabei kein bisschen weniger eindringlich. Im Gegenteil. Sie bohren sich direkt wieder tief da hinein, wo es wehtut.
Ja, Rob Lynch schafft es auch mit diesem Album wieder, irgendwas ganz tief in mir zu berühren, zu kitzeln und in mir das große Verlangen zu wecken, mich einfach nur noch mit der Musik zudecken zu wollen. Vielleicht ist es die Emotionalität, vielleicht sind die Texte, mit denen er mich in jedem Song in einen neuen kleinen Film entführt. Nach jedem „Film“ frage ich mich, wie es wohl weitergeht.
Rob Lynch = Kein Weichspüler
Dabei hat der gute Mann das Talent, ernste Geschichten oft in vergleichsweise gut gelaunter Musik zu verpacken. Gerade das macht Baby, I’m a Runaway so interessant. Man durchschaut das Album eben nicht gleich beim ersten Hören, auch wenn das manch einer denken mag, wenn er Rob Lynch mit seiner Gitarre sieht.
Baby, I’m a Runaway ist ein erfrischend authentisches Singer/Songwriter-Album mit wahren Ecken und Kanten, kleinen Geheimgängen und doppelten Böden – im positiven Sinne. Und dabei kommt es wunderbar ohne den ganzen Weichspüler klar, den viele Jungs mit Gitarre scheinbar so oft getrunken haben. Hallo verzerrte Gitarren. Danke dafür!
Kurzfazit: Wenn Euch Frank Turner gefällt, gefällt Euch höchstwahrscheinlich auch Rob Lynch.
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