Da ist er schon, der letzte Tag vom A Summer’s Tale Festival. Nach einem schweren Unwetter in der Nacht sind wir alle ein wenig matschig, im wahrsten Sinne des Wortes, aber trotzdem hochmotiviert, Euch so lebendig wie möglich vom Festival zu berichten. Besucht uns!
13.20 Uhr
Also meine innere Festivaluhr und ich werden bei diesem Sommermärchen wohl einfach nicht mehr Freunde. Vielleicht bin ich auch einfach nicht dazu gemacht, vor 10 Uhr aufzustehen. Aber was soll’s. Die Nacht war kurz, aber dafür umso ereignisreicher. Ich hatte ja gestern schon geschrieben, dass man bei diesem Festival komischerweise viel leichter mit Menschen ins Gespräch kommt als bei anderen. So bin ich dann also später mit ein paar Volunteers und Festival-Video/Fotografen zur Elektroswing-Party in den Zeltraum gezogen und habe lustige Neon-Lightpainting-Spiele an der Neonwand neben der Waldbühne gespielt. Vielleicht sieht man davon ja nachher noch ein paar auf den offiziellen Seiten des Festivals. Ich sage dann Bescheid.
Während wir malten und später im Zelt irgendetwas zwischen Interpretative Dance, Swing und Pseudoballett aufs Parkett legten, verdunkelte sich der Himmel. Wetterleuchten und massive Blitze kündigten schon den Wolkenbruch an, der da langsam auf das Festivalgelände zurollte. Joa. Dank Regenradar wussten wir auch eigentlich genau, wann das Unwetter losgehen würde, aber wie das dann eben so ist. Tanzen war lustiger, als pünktlich zurück zum Camper zu laufen. Die Wasserwand erbrach sich dann über uns, als wir gerade mal den Ausgang passiert hatten. Mit uns rannten etwa 20 andere Menschen, lachend und schreiend gegen den Regen und den Donner an. Mein Sportlehrer wäre stolz auf mich gewesen. Die Mühe war natürlich vergeblich. Vor einer massiven Wasserwand „davon“ zu laufen, wenn der Weg gut einen Kilometer lang ist, ist nicht besonders effektiv. Das Ende vom Lied: Über unserem Zelt hängt jetzt eine Wäscheleine mit triefenden Klamotten. Und ich musste heute morgen meine Haare nicht waschen. Das hat der Regen schon für mich erledigt.
13.40 Uhr
Felix schaut sich gerade den Sommelier Workshop im „A Summer’s Cuisine“ an. Auf dem Festival hier gibt es nämlich tatsächlich auch ein echtes Restaurant, in dem man mit Reservierung jeden Abend die Möglichkeit hat, ein exquisites Mehr-Gängemenü inklusive Wein zu verspeisen. Tagsüber darf man sich in kleinen Workshopgruppen unter Aufsicht betrinken. Das ist aber auch einer der wenigen Orte wo das geht. Auf den Campingplätzen ist, um die Familienfreundlichkeit zu gewähren, die Alkoholmenge pro Person begrenzt, die mitgebracht werden darf. 24 Dosen Bier oder 3 Liter anderweitiger Alkohol sind erlaubt. Damit würde manch ein Hurricanebesucher nicht einmal eineinhalb Tage überleben.
Was das Essen angeht, halte halte mich da weiter lieber an die Food Trucks. Noch fehlt mir der richtige Burger und der Burrito. Auch sehr zum empfehlen ist das Caipirinha Eis, aber das habe ich gestern glaube ich schon geschrieben.
14.01 Uhr
Bevor gleich die Pressekonferenz startet, wodurch ich leider John Allen auf der Waldbühne verpassen werde, laufe ich jetzt noch schnell in das Luhe Café, wo es gleich einen kulinarischen Reisebericht rund um den Globus gibt. Um drei Uhr ist dann auch wieder die Entscheidung schwer – Espandrilles nähen, Jochen Distelmeyer bei seiner Lesung im Grünen Salon lauschen oder doch ein Foto Walk? Aber das überlege ich mir lieber bei einem Kaffee. Bis später!
14.22 Uhr
Glaubt Ihr, ich bin aus dem Pressezelt nach meinem letzten Post rausgekommen? Natürlich nicht. Euch liebe Google+ Fans hatte ich die letzten Tage sträflich vernachlässigt und musste gerade noch mal ein paar Links nachliefern. Jetzt kann ich auch für die PK sitzenbleiben.
14.30 Uhr
Start der Pressekonferenz. Die Veranstalter ziehen ein allgemein positives Fazit der ersten Ausgabe des A Summer’s Tale Festivals. FKP Scorpio Geschäftsführer Folkert Koopmanns freut sich natürlich über das hervorragende Wetter, ist aber vor allen Dingen mit dem „unwirklich“ guten Ablauf begeistert. Man bräuchte zwar auf jeden Fall noch mehr Besucher, die gerade am ersten Tag noch sehr zurückhaltend gewesen seien. Am Freitag waren aber immerhin 7000 Menschen auf dem Festivalgelände, davon mehrere hundert Kinder.
Koopmanns begründet die Idee zum A Summer’s Tale Festival mit seinem eigenen fortgeschrittenen Alter. Man kann ja nicht immer zu Rockfestivals gehen, vor allen Dingen mit Kindern. Das Angebot ist von den Besuchern extrem gut angenommen worden, besonders die Workshops trafen auf riesiges Interesse. Alle Workshops sind aufgrund der großen Nachfrage aufgestockt worden. Anstelle von zwei geplanten Kanutouren am Tag gab es letztendlich 7, dreimal so viele Yogakurse und auch der Somelier-Workshop ist ausgebaut worden.
Die Rettungsdienste haben nichts zu vermelden. Man hatte fast nichts zu tun, sagt Jan Bauer, Einsatzleiter des Roten Kreuzes. Er zeigt sich von der Veranstaltung absolut begeistert und hofft auf eine Wiederholung im kommenden Jahr.
Mathias Graf, verantwortlich für die Vermarktung des Festivalgeländes und der Gastronomie, freut sich über die tolle Veranstaltung und erklärt, dass man bei der Auswahl der Gastro-Stände bewusst komplett auf billiges Fast Food verzichtet hat und anstelle dessen lieber regionale und lokale Anbieter gesetzt hat. Dazu noch die hippen Food Trucks aus Hamburg runden das Konzept ab. Die Qualität stimmt. Da wartet man auch gerne mal länger in der Schlange. Wie ich gestern ja auch. An dem Konzept will Graf weiter festhalten und ist überzeugt davon, dass es der richtige Schritt war, auf Qualität, Regionalität und Slow Food zu setzen, anstelle die Besucher mit billigem Fast Food abzufertigen.
Arndt Conrad, Vertreter der lokalen Gemeinde Gellersen, ist ebenfalls sehr zufrieden und bedankt sich ausdrücklich auch bei den ehrenamtlichen Helfern für ihren großen Einsatz.
Koopmanns verrät, dass das Festival im nächsten Jahr vom 3. bis zum 6. August stattfinden soll. Er vermutet, dass sich das Festival ebenfalls positiv auf den Tourismus in der Region auswirkt. Es geht nicht nur darum, auf dem Festival Musik zu hören, sondern auch die Region, Kunst und Kultur kennenzulernen. Langfristig hofft man, bis zu 20.000 Menschen versorgen zu können. Das sei auch die Obergrenze, wenn man den familiären Flair, die Weitläufigkeit und die hohe Qualität (besonders im Food Bereich) erhalten möchte. Für Kompromisse gibt es hier keinen Platz.
Im Vorfeld hatten viele Besucher Zweifel an den hohen Ticketpreisen geäußert. Tatsächlich ist bei den teuersten Tickets, den Komforttickets, die Nachfrage am größten.
Übrigens, die Polizei sollte eigentlich auch noch bei der Pressekonferenz anwesend sein. Da sie aber wirklich gar nichts zu vermelden hatten, sind sie fortgeblieben. Auch nicht schlecht.
15.34 Uhr
Während der Burger Food Truck gerade meinen Cheeseburger frisch brutzelt, laufe ich noch mal schnell ins Zelt, wo gerade Torpus & The Art Directors ihr Set angefangen haben. Gerade war es hier noch so leer, dass mir die Friesen schon echt etwas leid Taten. Ihr toller Indie Folkrock hätte von mir aus eine riesige Bühne verdient. Aber glücklicherweise sind die Besucher des Summer’s Tale Connoseure was Qualität angeht, und lassen sich von der markanten Stimme des Sängers und der schönen Gitarre und Zelt locken. Und jetzt „Seen and Judged“. Mehrstimmig. Gänsehaut.
16.01 Uhr
Wenn es in Deutschland eine Band gibt, die so richtig authentisch das Gefühl des Old School Country rüber bringt, sind das Torpus & The Art Directors. Das habe ich bei eigentlich keiner anderen Band hier, dass ich mich bei der Musik automatisch auf die Landstraßen von North Carolina gebeamt fühle.
Während Torpus das Original Countryfeeling in die Lüneburger Heide holt, liest im kleinen Café Zelt der Spiegel online Redakteur Stephan Orth aus seinem Buch „Couchsurfing im Iran“ vor. Es ist pickepacke voll, die Leute stehen und sitzen im Eingang und lauschen gespannt den Erzählungen seines Abenteuers. So schaffe ich es also doch noch zu einer Lesung 😉 Das Buch scheint sehr spannend zu sein. Da ich selbst mittlerweile durch die Masse geschoben mitten im Notausgang stehe, gehe ich nach 20 Minuten doch lieber wieder nach draußen und setze das Buch auf meine Must Read Liste.
17.02 Uhr
Während Hundreds auf der großen Bühne alles an elektronischen Beats und Synthies rausholen, was das Arsenal so hergibt, macht Waxahatchee im Zelt soundcheck. Ich habe von der Dame noch nie gehört, aber was man da so durch die Pläne hört, klingt extrem vielversprechend. Dagegen werde ich mit Hundreds nicht so recht warm. Also nicht wegen der Musik an sich oder der Band, sondern eher weil ich so früh am Nachmittag damit noch nicht so viel anfangen kann. Abends zum Feiern wäre das eine ganz andere Geschichte. Zumal die Stimme der Sängerin wirklich großartig ist.
17.19 Uhr
Juhu, ich habe eine Band entdeckt, die mir echt gut gefällt, obwohl sie eine Frontfrau hat. Nein, eigentlich ist sie fast komplett weiblich. Gibt es ja leider nur selten. Waxahatchee macht schönen, amerikanischen College Indie, den die Damen mit sehr viel Herzblut vortragen. Zumindest glaube ich das, denn irgendwie wirken die Damen auch ein wenig aufgeregt und schüchtern. Mit Shoegaze. Die Sängerin erinnert mich ein wenig an Zooey Deschanel. Ich fühle mich dank der Songs ein wenig so, als ob ich in einer Folge von Dawsons Creek erwacht wäre.
Leider ist der Sound gerade mal wieder echter Mist. Zu dem im Zelt leider so häufigem Soundbrei gesellen sich auch noch ein paar fiese Rückkopplungen. Ein paar Leute sind deshalb schon wieder gegangen. Mit Ohrstöpseln ist es einigermaßen auszuhalten. Genießen wäre allerdings besser.
17.38 Uhr
Ich revidiere meine letzte Aussage über Waxahatchee. Die Musik gefällt mir nach wie vor, wenn man mal von dem schlechten Sound absieht. Aber langsam habe ich nicht mehr den Eindruck, dass die Band irgendwie aufgeregt oder schüchtern wäre, sondern einfach nur gelangweilt oder schlecht gelaunt. Ich habe selten eine Band gesehen, die zwischen und auch während der Songs derart muffelig oder teilnahmslos dreinblickt. Sorry Mädels, da fehlt mir die Atmosphäre. Ich höre Euch lieber noch mal auf CD.
Auf der Konzertbühne macht derweil Sophie Hunger Soundcheck. Ich bin noch nicht sicher, ob ich mir die Dame wirklich angucken soll, denn auch wenn sie sicherlich eine tolle Künstlerin ist, finde ich ihre Musik auf Platte immer eher etwas anstrengend. Aber ich lasse mich gerne live vom Gegenteil überzeugen. Wenn auch erst mal von weiter hinten.
17.51 Uhr
Obwohl das A Summer’s Tale Festival so unglaublich entspannt ist, gibt es doch tatsächlich auch echte Diven hier. Die größte Diva des Tages ist definitiv Tori Amos. Die Dame möchte nicht aus dem Fotograben fotografiert werden, sodass die Fotografen sich nachher alle erst mal auf dem Rollipodest versammeln müssen. Näher ran geht’s nicht. Und wenn die Diva es so will, platzt eben auch mal ein Interview, weil Madame nicht mit ihren Schuhen den Rasen des Backstage Bereichs betreten oder die Räumlichkeiten überhaupt verlassen möchte. Sie habe schließlich High Heels an. Natur ja, aber bitte nicht zu viel und schon gar nicht mit direktem Kontakt. Reicht denn aus dem Fenster gucken, Frau Amos?
18.09 Uhr
Sophie Hunger mag auf Platte wirklich anstrengend sein, aber live haben sie und ihre Musik um einiges mehr an Ausstrahlung und Charisma als man denkt. Vor allen Dingen, wenn man das mit der merkwürdigen Art von Waxahatchee vergleicht. So hundertprozentig meins ist die Musik zwar immer noch nicht, aber Madame Hungers Energie und musikalische Versiertheit muss man an dieser Stelle auf jeden Fall mal würdigen.
19.06 Uhr
Dank des Tipps von FKP Scorpio Chef Folkert Koopmann bin ich gerade ins Zelt gegangen, um mir Songhoy Blues anzuhören. Wow! Die vier Jungs aus Mali spielen mit so viel Leidenschaft, Energie und Feuer im Hintern, dass einem gar nichts anderes übrig bleibt als einfach mit zu tanzen. Straighter Gitarrenrock mit leicht afrikanisch anmutenden Beats wirken auf das Publikum wie Flöhe in den Schuhen. Stillstehen ist nicht. Dagegen waren Waxahatchee wie abgestandenes Badewasser. Mit jedem Takt füllt sich das Zelt weiter. Songhoy Blues sind auf jeden Fall meine persönliche Überraschung des Festivals. Juhu!
Ja, ich habe einen neuen Favoriten als Festival Highlight. Songhoy Blues haben es geschafft, das ganze Zelt in choreographie tanzen zu lassen. Und zwar wirklich tanzen, nicht nur im Takt klatschen oder die Arme schwenken. Das war schon sehr beeindruckend. Hoffentlich spielen die Herren noch häufiger in Deutschland. Mal sehen, ob Frau Tori Diva Amos das jetzt von der Stimmung her noch toppen kann.
20.31 Uhr
Felix ist verliebt. In Tori Amos. Wenn sie ihm gerade einen Antrag machen würde, würde er sie sofort heiraten, auch wenn sie schon 51 ist. Ok, nur vielleicht sofort.
Gut, jetzt spielt Tori Amos Tiny Dancer. Das ist natürlich eine Hausnummer. Dafür verzeihe ich ihr auch die Allüren vom Nachmittag.
Übrigens hat Felix‘ Turbostaat Shirt uns gerade ein Gespräch mit der deutschen Serien-C-Prominenz eingebracht. Der Herr im besten Alter ist inkognito mit seiner Familie hier und genießt die Veranstaltung in vollen Zügen.
20.36 Uhr
Mein Presseband möchte wohl Feierabend haben. 5 Tage sind ne Menge im Leben eines Tyvek-Bändchens.
21.44 Uhr
Das war dann also Tori Amos. Ja, sie ist wirklich eine tolle Künstlerin, aber auf einem Festival weiß ich nicht, ob das für sie so der richtige Platz ist. Ein bestuhlter, schöner Club wäre da vielleicht passender.
Im Zelt spielt gerade Yann Tiersen. Den höre ich gerade nur aus der Ferne. Die Wiese hier ist auch sehr bequem.
So kurz vor Festivalende bin ich dann auch noch mal im designmarkt vorbei gekommen und habe mir von Hafendieb noch ein wunderschönes Hoodie gekauft. In stargazer blau. Geil.
Derweil ist Felix überrascht, dass Yang Tiersen mir so vielen Leuten auf der Bühne steht und nicht die fabelhafte Welt der Amelie spielt. Ein bisschen wie die Söhne Mannheims, meint er. Zumindest von der Anzahl der Menschen auf der Bühne.
Liza, Felix und ich gehen jetzt auch noch mal fix zur Neonwand und malen im Dunkeln ein paar Bilder. Endspurt.
23 Uhr
Es ist gar nicht so leicht, mitten im Tanzen einen Blogpost zu schreiben. Calexico machen hier gerade seit dem ersten Ton so derbe Stimmung, dass man zu den hispanophilen Klängen einfach nur durch die Gegend hüpfen will. Dazu ist das WLAN gerade etwas überlastet, sodass ich für diesen Post doch zurück ins Pressezelt gehen musste.
Das wird aller Voraussicht nach der letzte Post vom Festival. Das Pressezelt schließt in ein paar Minuten. Meine letzten Anmerkungen zu den letzten viereinhalb Tagen: Hammer. Das ist das sauberste Festival auf dem ich jemals war. Das entspannteste Festival. Das „anderste“ Festival. Felix, Liza und ich tanzen jetzt weiter.
Einen ganz lieben Gruß und ganz lieben Dank an alle, die ich kennenlernen durfte. Es war toll mit Euch! Bis bald hoffentlich!
Auch im Namen von Felix ganz herzlichen Dank fürs Mitlesen. Bis bald!
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