Gemütliche Wohnzimmer-Atmosphäre im Glanz und Gloria, eine Alternative-Rockband auf der Bühne. Die deutsch-britisch-südafrikanische Band Livingston war am Mittwoch in Osnabrück zu Gast und überraschte das Publikum auf ihrer ersten Akustiktour mit leisen Tönen und jeder Menge echten Emotionen. Aber von Anfang an.
Vor ziemlich genau drei Jahren waren Livingston schon einmal in Osnabrück. Damals hatten sie noch ihr erstes Album und den großen Plattenvertrag mit Universal Music im Gepäck und gaben voller Rockband-Elan auf der Bühne im Rosenhof richtig Gas. Drei Jahre später im Glanz und Gloria ist vieles anders. Neue Songs, ein neues Album. „Fire to Fire“ ist das letzte Relikt aus der Zusammenarbeit mit Universal. Die ist beendet und damit auch der große Plattenvertrag. Dazu hat Drummer Paolo die Band verlassen. Für viele Bands wäre so eine Situation der Anfang vom Ende. Livingston aber nutzen die Chance, noch mal ganz von vorne anzufangen und sich ganz auf sich selbst zu besinnen. Und auf ihre Musik.
So kommt es, dass an diesem Mittwochabend statt der gewohnten lauten Töne und gewitternden elektrischen Gitarren ganz leise Klänge auf dem Programm stehen. Osnabrück ist die dritte Station der Acoustic Tour 2013, die sich an der Akustikplatte „Deeper into the Fire“ orientiert. Es ist die erste Tour dieser Art für Livingston. Sänger Beukes gibt zu, dass es noch ziemlich ungewohnt ist, jetzt auf Barhockern zu sitzen, anstatt wie sonst üblich wie ein Wilder über die Bühne zu fegen. Man wird später sehen warum.
Nachdem die walisischen Singer-Songwriter-Dame Caroline Harrison das wartende Publikum ein wenig in Stimmung gebracht hat, legen Livingston mit einer soften Version von „Silence“ los. Die Band freut sich sichtlich über die gut 60 Besucher, die sich vor der kleinen Bühne drängen und gibt sich redlich Mühe, die Leute mit ihrem sorgsam zusammengestellten Programm aus alten und neuen Songs zu begeistern. Man nutzt die Chance, die Hintergründe des ein oder anderen Songs zu erklären und macht sonst einfach das, was man am besten kann: Musik mit Leib und Seele. Beukes Stimme füllt den kleinen Saal und treibt so manchem Besucher nicht nur ein verzücktes Lächeln ins Gesicht, sondern auch einen Hauch von Gänsehaut auf die Unterarme. Der Rest der Band unterstützt ihn mit ausgeklügelten Arrangements. Da werden laute Trommeln auch schon mal durch leere Weinflaschen ersetzt.
Mir persönlich gelingt es in dieser Situation zum ersten Mal mehr auf die Texte als nur auf die Melodien zu achten. Der Gedanke kommt mir während der mit nur wenig Erfolg beschienenen Single „Like a Wheel“. Nur einen Song später hält Beukes kurz inne und erklärt dann plötzlich mit bebender Stimme, wie dankbar er ist, diese Tour mit seinen Fans teilen zu dürfen. Man sieht ihm an, dass ihm der Gedanke an den nächsten Titel nicht leicht fällt. Auf so einer Akustiktour könne man sich nicht von den Emotionen der Songs ablenken, indem man tanzt oder herumspringt. „they hit you hard“, so Beukes, bevor er den Hintergrund des nächsten Songs verrät. „Meine Mutter ist gestorben als ich noch ein kleiner Junge war“, erzählt der Südafrikaner. „Die letzte Erinnerung, die ich an sie habe, ist die Beerdigung. Der nächste Song ist für meine Mama“, erklärt er weiter. Schon während der ersten Verse hat man das Gefühl spürt man den Schmerz des Sängers förmlich. Tapfer singt er beinahe bebend vor Emotion Strophe für Strophe. Während der letzten Akkorde kullern ihm dicke Tränen über sein Gesicht. So etwas habe ich noch nicht erlebt.
Insgesamt liefern Livingston an diesem Abend ein musikalisch hochwertiges Akustik-Set, das ihre Bühnenqualität und Wandelbarkeit unterstreicht. Bleibt zu wünschen, dass sie ihre eigene musikalische Vision ohne großes Label im Nacken besser umsetzen können als zuvor. Talent und Kreativität ist im Übermaß vorhanden.
Fotos: Katharina Leuck |
Set List:
1. Silence
2. Disease
3. Go
4. Somebody
5. Here I am
6. Drop the Halo
7. Like a wheel
8. Iron Tongue
9. Perfect Dream
10. Six by Four
11. MOB
12. Soul skin
13. Deeper into the Fire
14. Broken
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15. Dream down
16. No more promises
17. Set fire to fire
Hi habe dein Bericht gelesen…schon beim lesen bekommen ich eine gänsehaut…!Ich habe sie vor3j in Hannover erlebt.Einfach super…!
Lg veronika
Der Abend war ein ganz ganz besonderes Erlebnis. Vor 3 Jahren mit der Band in Berlin gerockt, was klasse war aber Mittwoch – einfach unbeschreiblich! Ich wünsche Livingston nur das Beste für ihre weitere musikalische Laufbahn und freue mich auf ein Wieder“hören“ 😉