Am Montag wird im Hörsaal des HTW-Gebäudes der Uni Osnabrück mal nicht zwei Stunden lang gelehrt, sondern zwei Stunden lang gelacht. Die Fachschaft WiWi lädt zur Abendvorlesung mit den Comedians David Werker und Oliver Polak. David Werker, Germanistik-Student „auf gut Glück“ hat einen Koffer voll mit Geschichten aus dem Studienalltag dabei. Oliver Polak stammt aus dem emsländischen Papenburg und kombiniert im Hörsaal seine Lesetour zu seinem Buch „Ich darf das, Ich bin Jude!“ und seine prämierte Stand Up-Show „Jud süss sauer“ zu einem großen Lachspektakel mit Konfetti. Im Interview hat uns Oliver Polak unter anderem verraten, was einen am Montag erwartet und was er mit Osnabrück verbindet.
Woher hast du deinen Sinn für Humor?
Mein Humor ist weder hochdeutsch, noch ist er platt. Das ist eher so eine Mischung aus dem Jüdischen und meinem Aufwachsen im Emsland. Aber mein Humor ist weder jüdisch, noch ist er nicht-jüdisch. Er ist einfach mein Humor. Es hatte für mich eine gewisse Tragik in Papenburg im Emsland aufzuwachsen. Aus der Tragik entsteht dann oft eine Komik, und daraus resultiert das Ganze wahrscheinlich.
Der tragische Humor des Emslands auf der einen Seite, der jüdische Humor auf der anderen. Was ist das Besondere am jüdischen Humor?
Ich weiß gar nicht, ob es den jüdischen Humor gibt. Aber wenn es ihn gibt, ist er böse, selbstkritisch, bitter, selbstzweifelnd, mit einer Spur Antisemitismus und einem Hauch Wahrheit drin. Dem englischen Humor nicht ganz unnah, was die Bitterkeit angeht.
Du behandelst in deiner Show jüdische Themen und machst auch entsprechende Witze. Reizt es dich, mit dem schlechten Gewissen deines Publikums zu spielen?
Nein, auf der Basis denke ich gar nicht nach. Es geht in meiner Show ja nicht in erster Linie um den Holocaust oder das Jüdische. Ich habe als Stand-Up Comedian meine Biografie als Basis für meine Show genommen. Ich komme aus Papenburg im Emsland und ich bin jüdisch. Gerade bei dem Buch ist es so, dass die Eltern-Geschichte nun mal auch in die Zeit hinein ragt und somit auch ein Thema ist. Für mich ist das keine Provokation. Mein Leben lang wurden mir, was den jüdischen Bereich angeht, dumme Fragen gestellt und in meiner Show gibt es eben dumme Antworten. Ich wurde zum Beispiel öfters gefragt, ob ich Schindlers Liste gesehen habe, oder ob ich den nicht mal mit jemandem zusammen sehen möchte. Das ist doch total absurd. Ich rufe ja auch nicht bei Monika Lierhaus an, und frage, ob wir nicht mal zusammen Lola Rennt gucken wollen.
Worum geht es am Montag in deiner Show?
Was die Lesekapitel angeht, sind die alle aus meinem Buch „Ich darf das, ich bin Jude“. Dann gibt es Stand-Up Geschichten, die ich in meiner Show „Jud süss sauer“ erzählt habe, aber auch neue Geschichten. In denen geht es um alles, was mich so beschäftigt. Tiere, Selbstmord, Depressionen, Burnout – Darf man Burnout in Deutschland überhaupt sagen, als Jude?
Was gefällt dir am besten an Stand-Up Comedy?
Ich finde es reizvoll, einfach komisch, absurd und krank auf einer Bühne zu sein. Dafür ist eine Bühne da, und das gefällt mir an guter Stand-Up Comedy. Dabei ist deutsche Stand-Up Comedy nicht meine erste Wahl. Ich bevorzuge amerikanisches Stand-Up Comedy, da dort eben auch oft die Biografie als Basis für die Show genommen wird, so wie ich das auch mache.
Wie bist du zur Stand-Up Comedy gekommen?
Ich habe jahrelang in sehr schlechten Privatsender-Serien mitgespielt. Irgendwann hatte ich echt keinen Bock mehr und dachte mir, ich will mal was Eigenes probieren.
Wer sind deine Vorbilder?
Habe ich ehrlichgesagt gar nicht. Leute, die mich inspiriert haben, sind Künstler wie Udo Jürgens, Siegfried und Roy, und irgendwo hat Alf mich auch sehr inspiriert.
Der Titel deines Buchs lautet „Ich darf das, ich bin Jude“. Was darfst du denn, was andere nicht dürfen?
Nichts, der Titel ist ein Gag. Das ist in Deutschland oft das Problem, dass Comedy und Kabarett gar nicht verstanden werden. Die Leute checken den Kontext nicht. Natürlich ist das ein Gag-Titel, genauso wie wenn ich sage „Ich vergesse die blöde Sache mit dem Holocaust, und ihr verzeiht uns Michel Friedman“. Das ist ein Gag, das meint niemand ernst, genauso wie „Ich darf das, ich bin Jude“.
Du musstest als Junge immer einmal die Woche nach Osnabrück zum Religionsunterricht, weil Ihr die einzigen Juden in Papenburg wart. Welche Erinnerungen hast du an Osnabrück?
Die Fahrt war immer der Alptraum. Jede Woche eineinhalb Stunden über die Landstraße von Papenburg nach Osnabrück und zurück. Bei der Fahrweise meiner Eltern waren das auch sicher zweieinhalb Stunden. In Osnabrück war ich dann immer in der jüdischen Gemeinde. Als Kind war ich öfter an der Halle Gartlage, wenn da mal Kirmes oder ein Zirkus war. Das war dann die Belohnung dafür, dass ich beim Religionsunterricht war. Und an Geschenke Schäffer erinnere ich mich noch. Super Spielzeugabteilung.
Du bist mit deinem Programm in ganz Deutschland unterwegs. Reagieren die Leute, je nach Region, unterschiedlich auf deine Witze?
Nein, das kann ich so nicht sagen. Aber Osnabrück war bei den letzten drei Malen, die ich dort war, immer wie eine Art Heimspiel für mich. Die Leute kennen die Umgebung, Osnabrück kommt ja doch öfters auch im Buch vor und da gab es dann doch immer eine enge Verbindung. Das war die letzten Male wirklich immer sehr lustig.
Du wirst von einigen Kritikern als „herrlich politisch inkorrekt“ bezeichnet. Was hältst du allgemein von „political correctness“?
Keine Ahnung. Die einzige Zeitschrift in Deutschland, die man in Deutschland noch ansatzweise ernstnehmen kann, ist die Titanic. Ich denke nicht darüber nach, was politisch korrekt oder inkorrekt ist. Aber wahrscheinlich ist das, was heute politisch korrekt ist, in Wirklichkeit eigentlich politisch inkorrekt.