Interview mit Singer Songwriter Caitlin Mahoney: Ich habe schon gesungen bevor ich sprechen konnte

Anfang des Monats habe ich mich recht spontan mit der New Yorker Singer Songwriterin Caitlin Mahoney zum Interview getroffen. Sie war im Rahmen der Songs and Whispers Konzertreihe gerade in Deutschland unterwegs und an diesem Abend im Big Buttinsky in Osnabrück zu Gast. Wir setzten uns in mein Auto und quatschten über Gott und die Welt. Und vor allen Dingen über die Musik. Die sympathische 24-Jährige erzählte mir, wie sie zur Musik gekommen ist, was ihre Träume sind und worüber sie am liebsten ihre Songs schreibt.

Premiere: Ihr habt hier jetzt die Qual der Wahl. Ihr könnt das komplette Interview entweder auf Deutsch lesen oder Euch unser wunderschönes Videointerview mit Caitlin Mahoney im Original ansehen.

Caitlin Mahoney im Video-Interview

Nun gut, das wunderschön ist vielleicht ein wenig übertrieben. Wir haben zum ersten Mal mit einer anderen Kamera gefilmt, die dann zum Ende hin auch prompt ihren Dienst versagt hat. Allerdings sind wir ja nicht vollkommen unbedarft, was Bild und Ton angeht. Zur Vorsicht hatten wir den Ton noch über ein zweites Gerät mitgeschnitten, sodass wir das Ende jetzt als eine Art Audio-Slideshow ausgeben. Ich hoffe, dass es Euch trotzdem gefällt und Ihr einen kleinen Eindruck bekommt, was für eine nette Person Caitlin Mahoney ist.

Caitlin Mahoney über Musik, Träume und die Rockwood Music Hall

LEISE/laut: Caitlin, du bist eine aufstrebende Singer/Songwriterin aus New York City und spielst heute bei Songs & Whispers im Big Buttinsky. Wie bist du nach Deutschland gekommen?
Caitlin Mahoney: Ich arbeite tagsüber als Rezeptionistin und schreibe daher immer sehr viele Emails. Irgendwann habe ich dann auch eine Email an PS Promotions aus Bremen geschrieben. Astrid, die absolut wundervoll ist, aber deren Nachnamen ich einfach nicht aussprechen kann, antwortete mir daraufhin und fragte, ob ich nicht beim aktuellen Songs & Whispers Circuit dabei sein möchte. Das war Ende August, Anfang September. Und jetzt bin ich seit vier Tagen hier. Ich freue mich wahnsinnig, dabei sein zu dürfen. Vier Tage mit vier Shows, und bisher jede war anders und wunderbarer als die andere. Es ist einfach großartig.
LEISE/laut: Bist du jetzt zum ersten Mal in Deutschland?
Caitlin Mahoney: Das ist meine erste Tour in Deutschland. Während meines Studiums habe ich ein Auslandssemester in Spanien verbracht. Von dort aus bin ich damals auch einmal nach Deutschland gereist. Da habe ich dann sogar ein kleines Set in einem Hostel gespielt. Das hat echt Spaß gemacht. Aber das jetzt ist meine erste offizielle Tour durch Deutschland.
LEISE/laut: Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Caitlin Mahoney: Ich beschreibe sie für gewöhnlich als Folk-Pop. Meine Songs sind sehr akustisch. Ich liebe Akustikmusik! Ich spiele selbst auch Akustikgitarre und habe gerade auch noch begonnen, Mandoline zu spielen. Zu diesen Klängen fühle ich mich sehr hingezogen. Aber ich höre auch viel Popmusik und mag fröhliche, tanzbare Musik. Ich finde, dass meine Stimme gut dazu passt. Deshalb würde ich sagen, dass meine Musik eine gute Kombination aus diesen beiden Stilrichtungen ist.
LEISE/laut: Wie hast du deine Liebe zur Akustikmusik gefunden?
Caitlin Mahoney: Ich habe in der High School angefangen Gitarre zu spielen. Da war ich so 16 oder 17 Jahre alt. Damals habe ich besonders viel Musik der amerikanischen Songschreiberin Jenny Lewis und ihrer Band Rilo Kiley gehört. Sie hat ein großartiges Folk-Akustik-Album, Rabbit in a Fur Coat, das sie mit den Watson Twins aufgenommen hat. Während meiner Schulzeit entdeckte ich diese Platte und verliebte mich sofort in den Sound und diese rootsigen Blues- und Blue Gras-Klänge. So hat das alles angefangen.
LEISE/laut: Das war auch der Moment, als deine Musik ihren Anfang nahm, oder?
Caitlin Mahoney: Ja genau, ab dem Augenblick war ich völlig infiziert. Ich wollte genau solche Musik machen.
LEISE/laut: Hast du als Kind Instrumente gelernt oder warst du schon immer sehr musikalisch?
Caitlin Mahoney: Ja, meine Mutter macht immer Witze, dass ich erst Singen und erst danach Sprechen gelernt habe. Mit fünf oder sechs Jahren bin ich einem Chor beigetreten. Ich singe also schon so lange ich denken kann, habe dann in der Schule mit Gitarre angefangen und an der Uni Musik mit dem Schwerpunkt Klassischer Gesang studiert. Das war also meine erste formelle musikalische „Grundausbildung“, aber die Art und Weise, wie ich jetzt Musik mache, hat sich für mich erst innerhalb der letzten fünf Jahre herausgebildet.
LEISE/laut: Im Pressetext zu deiner EP West for a While steht, dass die Person Caitlin Mahoney insbesondere für Abenteuer, Chaos und Liebe steht. Wie beeinflussen diese drei Aspekte deine Musik? An welchen Stellen tauchen sie wieder auf?
Caitlin Mahoney: Ich schreibe einfach gerne über die Abenteuer des Lebens. Die Reise, oder das Bild davon, taucht in meinen Songs immer wieder auf. Im Titelsong meiner EP „West for a While“ geht es beispielsweise darum, ein gebrochenes Herz zurückzulassen. Metaphorisch muss man sich das so vorstellen, dass alle in eine Richtung laufen. Sie reisen nach Osten, hin zur Sonne, in Richtung der Erleuchtung. Ich dagegen schlage  metaphorisch gesehen meinen eigenen Weg ein und gehe nach Westen. Sollen die anderen machen was sie wollen, ich muss eine Zeit lang in die andere Richtung gehen um zu sehen, was es dort gibt und ob ich so mein kleines, gebrochenes Herz wieder zusammenflicken kann.
Das ist der Aspekt des Abenteuers, über den ich gerne schreibe. Darüber, wie diese Abenteuer mit dem Leben, den Menschen und ihren Mühen zusammenhängen. Meine Mutter sagte früher oft, dass jeder seinen persönlichen Wettlauf läuft. Die Metapher des Wettlaufs, des Rennen, spielt in meinen Songs häufig eine große Rolle.
LEISE/laut: Und wie genau spielt Chaos da noch mit hinein?
Caitlin Mahoney: Uff, das wirst du heute Abend hören. Ich habe einen Song mit dem Titel „Spin“. Das war eines der ersten Lieder, welches ich nach meinem Umzug nach New York geschrieben habe. New York ist eine echt verrückte Stadt, die einfach niemals stillsteht. Außerdem ist das Leben dort unglaublich teuer. Wenn man also eine Karriere als Musikerin verfolgen möchte, braucht man am Tage sehr viele Nebenjobs, um am Ende des Monats die Rechnungen bezahlen zu können. Was man jedoch am meisten verbraucht, ist Zeit. Ich hatte das Gefühl, niemals richtig runterzukommen oder überhaupt irgendwelche Freizeit zu haben, weil es immer etwas zu tun gab. Na klar, so geht es auch vielen anderen jungen Menschen, die einen Traum verfolgen. In „Spin“ geht es um dieses ganze Chaos. Ich drehe und drehe mich im Kreis, bis ich zusammenbreche und falle. So komme ich mir oft nach einer gewissen Menge Irrsinn vor.
LEISE/laut: Was brauchst du, um einen guten Song zu schreiben?
Caitlin Mahoney: Normalerweise entstehen meine Songs wenn mich ein Gefühl umtreibt, das ich nicht überwinden kann. Sie formen sich dann meistens kurz nachdem der Gedanke auftaucht. Lass mich überlegen. Der Song „Wrong“ von meiner EP handelt von so einer Situation, die mir vor einer Weile widerfahren ist. Ein Herzbruch, der mich ziemlich belastet hat. Ein Jahr später sah ich die Situation dann mit ganz anderen Augen und bekam dann einen Anruf von der betreffenden Person. Da wurde mir klar, dass ich ihn vorher total falsch eingeschätzt hatte. Ich dachte, er sei ein so netter, guter Mensch. Aber nein, ich lag vollkommen falsch. Daraus habe ich gelernt. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege irgendwann einmal wieder. Aber falls nicht, ist das auch kein Beinbruch. Ja, solche Situationen brauche ich oft für meine Songs.
[Intermezzo mit Halbstarken, die an die Scheibe klopfen]
LEISE/laut: Woher nimmst du hauptsächlich die Inspiration zu deinen Songs?
Caitlin Mahoney: Meine Inspiration hole ich mir an verschiedenen Orten. Häufig kommt sie von der Liebe oder aus Beziehungen, aber gar nicht mal so selten auch einfach von Dingen, die ich irgendwo gelesen habe. Ein Titel von der EP heißt „Devil on the Side“, der auf einer Textzeile aus dem Buch The Help basiert. Ein großartiges Buch, ich habe es in kürzester Zeit regelrecht verschlungen. Ich liebe es! Inzwischen gibt es davon auch einen Film. Im Buch wird eine Szene beschrieben, in der die Menschen sich von ganzem Herzen wünschen, dass etwas wirklich passiert. Und in einer Zeile hieß es: they are praying to the Lord and the devil on the side. Sie beten zu Gott und zur Sicherheit auch noch zum Teufel. Und mir kam sofort der Gedanke, dass dies ja eine großartige Redewendung sein könnte, um zu sagen, dass man jemanden sehr mag und ihn wirklich will. Das was vielleicht etwas dreist von mir, da so einen Song draus zu machen (lacht).
LEISE/laut: Du lebst in einer Stadt mit einer unglaublich aktiven Musikszene. In New York gibt es unzählige Singer/Songwriter. Warum stichst du deiner Meinung nach aus der Menge heraus? Warum wirst du nach Deutschland eingeladen und andere nicht?
Caitlin Mahoney: Oh je. Na ja, ich glaube, das liegt einzig und allein an meinen tollen Emails (lacht). Nein, das war nur Spaß. Was mich meiner Meinung in New York wirklich herausstechen lässt, ist die Tatsache, das ich so was von keine New Yorkerin bin. Ich bin in Florida aufgewachsen. Die Menschen in den Südstaaten sind dafür bekannt, nach außen hin besonders fröhlich und kontaktfreudig zu sein. Dort unten herrscht einfach eine andere Mentalität. Im Süden der USA sagt dir jeder „hallo“ während die meisten Leute in New York damit keine Zeit verschwenden. Zeit ist Geld, alle sind immer schwer beschäftigt. Ich lache gerne und ich glaube, dass mich allein schon mein sonniges Gemüt ein wenig von der Masse abhebt. Im Guten wie im Bösen. (lacht) „Hey, irgendwas stimmt doch nicht mit dir. Du bist viel zu fröhlich!“ – Vielleicht ist es das.
LEISE/laut: Ich finde es toll, dass du so fröhlich bist!
Caitlin Mahoney: (lacht) Ach, danke!
LEISE/laut: Was sind die Unterschiede zwischen Konzerten in den USA und in Deutschland?
Caitlin Mahoney: Das war in den letzten Tagen echt spannend für mich, die Live-Erfahrungen beider Länder miteinander zu vergleichen. Dinge, die dort drüben gut funktionieren, kommen in Deutschland nicht so gut an, während andere Sachen hier in Deutschland super funktionieren, mit denen ich einem amerikanischen Publikum niemals kommen bräuchte. In Deutschland hören die Leute viel besser zu. Das liegt meiner Ansicht nach an der Sprache. So wie ich das hier bisher mitbekommen habe, sprechen die meisten Leute Englisch und verstehen meistens auch, was ich singe und sage. Allerdings fällt ihnen das etwas schwerer als Muttersprachlern, wodurch sie dafür einfach etwas besser aufpassen müssen. Durch diese gesteigerte Aufmerksamkeit, so scheint es mir, nehmen die Leute meine Worte und Texte viel intensiver auf. Das ist für mich echt toll, denn ich liebe Wörter und das Schreiben.
LEISE/laut: Du hast kürzlich in der Rockwood Music Hall gespielt. Fast jeder, der es aus der New Yorker Szene richtig geschafft hat, stand irgendwann einmal auf dieser Bühne. Was war das für dich?
Caitlin Mahoney: Ich liebe die Rockwood Music Hall und bin ein riesiger Fan. Versprich mir, dass du da auch irgendwann mal hinfährst. Das musst du erlebt haben! Du wirst es lieben!
LEISE/laut: Versprochen! Das steht ganz oben auf meiner To-Do-Liste.
Caitlin Mahoney: Ich wohne ganz in der Nähe der Rockwood und könnte eigentlich jeden Abend ein großartiges Konzert sehen, wenn ich wollte. Das ist gefühlt mein zweites Wohnzimmer. Das Besondere an der Rockwood ist, dass sie die Musikszene auf eine gewisse Art und Weise wieder ausgleicht. Alle spielen in der Rockwood, egal ob Singer Songwriter, Rockband oder Jazztrio. Egal ob bekannt oder unbekannt. Und sie kommen alle immer wieder. Norah Jones tritt dort zum Beispiel noch immer regelmāßig auf. Ich glaube, dass diese großen Künstler der Rockwood so treu sind, liegt zum einen daran, dass sie einfach dabei waren, als alles angefangen hat. Zum anderen, weil es dort einfach schlicht und ergreifend nur um Musik geht und Ken Rockwood und sein Team einfach nur für die Musik leben. Die Leute gehen dort hin, weil sie wissen, dass sie dort gute Musik hören werden, auch wenn sie die Band vorher nicht kennen. Ich habe vorhin schon mal so gedacht, dass mich das Big Buttinsky sehr an die Rockwood erinnert, da es dort auch einfach nur um die Musik geht.
Ich hatte mein Record-Release-Konzert auf der Stage 1 der Rockwood Music Hall. Inzwischen gibt es dort nämlich drei Bühnen, von der jede einen ganz eigenen Charakter hat. Eine ist eher groß, Stage 1 ist eher klein und intim. Dort passen in etwa so 80 Leute rein. Und wir haben den Laden mehr als voll gemacht. Das war ein großartiges Gefühl und hat viel Spaß gemacht. Und ich freue mich total, dass sie mich wieder eingeladen haben. Ich werde noch einmal im März dort spielen. Es ist einfach eine tolle Location.
LEISE/laut: Letzte Frage: Was ist dein größtes Ziel, dein Traum? Was möchtest du mit deiner Musik erreichen?
Caitlin Mahoney: Ich würde mich unglaublich darüber freuen, wenn meine Musik die Menschen persönlich erreicht. Das war auf dieser Reise eine tolle Erfahrung, die Menschen dabei zu beobachten, wie sie die Musik richtig in sich aufnehmen und zu schätzen wissen. Wenn es dabei um mich geht, wünsche ich mir einfach, dass auch weiterhin genauso viel Freude wie jetzt darin finde werde. Das Singen macht Spaß, das Schreiben macht Spaß, das Aufnehmen macht Spaß. So lange mir es Spaß macht, bleibe ich dabei.
Alle Infos zu Caitlin Mahoney findet Ihr hier.

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