CD Review: Johannes Strate – Die Zeichen stehen auf Sturm

Johannes Strate ist eigentlich die Stimme von Revolverheld. Mit seiner Band tourt er seit Jahren durch die Lande und macht erfolgreich „recht laute Musik“. Aber schon fast genauso lange schreibt Johannes kleine musikalische Geschichten und akustische Songs, die nicht so recht in den gewohnten Band-Kontext passen wollen, ja, die seiner Meinung nach einfach zu intim sind, als dass man sie zusammen mit vier anderen Jungs und verzerrten Gitarren in großen Hallen spielen könnte.

Entsprechend lässt sich bereits erahnen, dass die zwölf Songs auf Johannes‘ Soloalbum Die Zeichen stehen auf Sturm im Großen und Ganzen nicht mehr viel mit der „recht lauten Musik“ zu tun haben. Und richtig, verzerrte Gitarren und lautes Schlagzeug wird man auf diesem Album nicht finden. Es regiert die Akustikgitarre zusammen mit Piano, Posaune, Streichern, Banjo und Glockenspiel. Dabei immer im Vordergrund: Johannes unverkennbar markante Stimme, voller Gefühl und offener Emotion. Johannes Strate erzählt mit seinen Songs kleine gefühlsschwangere Geschichten über das Leben und die Liebe, die mal fröhlich optimistisch, aber noch öfter traurig melancholisch, kurze, sensible Einblicke in das Wesen des Sängers erlauben.

Teilweise erinnern die Stücke an Philipp Poisel, wie das zarte und leise „Wenn es um uns brennt“, „Ich mach meinen Frieden mit mir“ erinnert in seiner Gesamtwirkung an „This is the New Year“ vom New Yorker Singer/Songwriter Ian Axel. Leise, minimalistische Stücke a la „Gespenster“ koexistieren friedlich neben, dagegen fast schon pompös wirkenden, Nummern wie „Die Tür ist immer offen“. Wer genau hinhört, entdeckt stellenweise die Handschrift des isländischen Produzenten Helgi Jonsson, der unter anderem auch für den Sound von Tina Dico, Sigur Rós oder Damien Rice verantwortlich ist.

Strate überrascht auf seinem Solo-Werk mit aufwändigen Arrangements, filigranen Instrumentierungen und teilweise unerwartet ehrlichen und tiefgründigen Textpassagen, die einige Revolverheldfans vielleicht erst einmal überfordern, Neuentdecker aber umso mehr erfreuen dürften. Liest man zwischen den Zeilen, den einzelnen Tönen und Akkorden, serviert einem dieses Album gefühlt das gesamte Herzblut des 31-Jährigen auf dem Silbertablett – einfach, ehrlich, authentisch und ohne große Maskerade.

So überraschend wie das Album begonnen hat, endet es auch. Die 47-minütige Reise durch fast sieben Jahre Songwriting auf Die Zeichen stehen auf Sturm schließt mit „An Rosalinde“, einem kindlich verspielten Lied eines Worpsweder Liedermachers. „Das singe ich mit meinem Papa“, verrät Johannes im Interview mit unserem Magazin.

Mit Die Zeichen stehen auf Sturm präsentiert sich Johannes Strate von einer ganz anderen, unerwarteten Seite. Der Solo-Ausflug zeigt, dass er viel mehr kann, als nur einfach fröhlich-energetische, massenkompatible Poprocknummern zu singen und schnulzige Balladen zu trällern. Die Zeichen stehen auf Sturm – auch für einen Johannes Strate.

Johannes Strate
Die Zeichen stehen auf Sturm
VÖ: 30.09.2011
Columbia Four Music

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