Vor ziemlich genau zwei Wochen war ich für den Terrorverlag beim Konzert von Frank Turner & The Sleeping Souls im Ringlokschuppen in Bielefeld. Premiere: Zum ersten Mal seit Monaten habe ich mal nicht nur für mich allein (oder Bands) fotografiert. Als Support dabei waren Ducking Punches und Andrew Jackson Jihad. Lest hier meinen kleinen Konzertbericht.
Willkommen auf Frank Turners Show Nummer 1552. Diese ganz schön große Zahl steht oben rechts in der Ecke seiner Setlist, die am Dienstagabend auf der Bühne des Bielefelder Ringlokschuppens klebt. Gemeinsam mit seiner Band The Sleeping Souls spielt Frank Turner hier heute den vorletzten Gig seiner aktuellen Europatour, als Support dabei sind Ducking Punches aus Norwich, England und Andrew Jackson Jihad aus Phoenix, Arizona.
Ducking Punches
Ducking Punches Solo. |
Dass es sich bei den beiden Supportacts jeweils eigentlich um komplette Bands handelt, ist nicht gleich ersichtlich. Es herrscht absolute Minimalbesetzung. Punkrock akustisch sozusagen. Den Anfang macht Ducking Punches, oder besser gesagt ihr Frontmann, ganz alleine, später nur kurz am Keyboard unterstützt. Trotzdem gelingt es dem kräftigen blonden Typ mit dem starken ostenglischen Akzent und seiner sanft raubeinigen Whiskey-Stimme den Ringlokschuppen in seinen Bann zu ziehen. Mit seinen emotionalen Texten über Alltag, Liebe, Verlust und Tod erinnert er mich immer wieder an Rob Lynch, nur etwas gelassener. Es wäre sicher interessant zu sehen, wie die Musik von Ducking Punches in kompletter Besetzung wirkt.
Andrew Jackson Jihad
Andrew Jackson Jihad in Minimalbesetzung. |
Kaum hat der Abgesandte von Ducking Punches nach seinem kurzen Set die Bühne verlassen, nimmt auch schon fast im fliegenden Wechsel Andrew Jackson Jihad die Bretter ein. Auch hier wieder Minimalbesetzung, die der Herr Frontmann aber mit überschwänglicher Energie wieder wettmachen will. Ein wenig hektisch wirkt er, kommt aber, begleitet von seinem Keyboarder doch recht unterhaltsam daher. Jubel: Für drei Songs leistet Mister Frank Turner Himself am Schlagzeug dem extra aus den USA angereisten Musiker Gesellschaft auf der Bühne. Das vermittelt zumindest einen kleinen Eindruck, wie Andrew Jackson Jihad in vollständiger Besetzung klingen könnte.
Frank Turner entert die Bühne
Für einen Dienstagabend sind zwei Supports schon eine Ansage, aber es sind ja Semesterferien und die Bielefelder trudeln lieber ganz gemütlich ein. Als Frank Turner mit seinen Sleeping Souls dann um 22 Uhr endlich auf die Bühne kommt, ist der Ringlokschuppen auch endlich relativ voll und Frank Turner samt Seelen alles andere als schläfrig. Ab dem ersten Ton von Photosynthesis geben die Herren Vollgas, fegen wie Derwische über die Bühne und bringen die Halle binnen wenigen Momenten auf Betriebstemperatur.
Die Welt ist schön, alle sind glücklich und singen jede Textzeile so gut es geht lauthals mit. Frank Turner zeigt sich von so viel Einsatz im Publikum begeistert, vor allen Dingen weil es Bielefeld ja eigentlich gar nicht gibt. Zumindest habe man ihm das erzählt. „Wer jetzt lacht, kommt nicht aus Bielefeld“, zischt mir meine Bielefelder Begleitung zu. Offensichtlich sind die meisten Leute vor der Bühne doch von weiter her angereist.
Nach neun Songs Vollgas wird es etwas ruhiger auf der Bühne. The Sleeping Souls überlassen Frank Turner das Feld für ein kurzes Solo-Intermezzo. Los geht’s mit einer Kurzversion von Eulogy auf Deutsch, die von den Fans mit großem Jubel belohnt wird. Das einzige Wort, welches man auf Deutsch können müsste, sei „genau“, verrät Turner zwischen den Songs. Dann würde man zumindest immer so wirken, als hätte man alles verstanden. Da es der letzte Gig in Deutschland und die erste Reihe mit den treusten Fans gefüllt ist, dürfen diese sich nun Stücke wünschen. Ein Steffen kann sein Glück kaum fassen – Frank Turner widmet ihm persönlich einen Song. Die Stimmung ist intim und gleichzeitig euphorisch.
Als Highlight seines Solosets kommt der Herr Turner mit einem neuen Song um die Ecke. „Getting better“ heißt das Stück und wird erst angestimmt, als alle das Versprechen abgegeben haben, die Smartphones währenddessen in der Tasche zu lassen. Wer trotzdem mitfilme, müsse keine Konsequenzen fürchten. Man sei dann nur eben nur ein ziemliches Arschloch, ruft Frank Turner ins Mikro. Das hat offensichtlich Wirkung: im Gegensatz zum Rest des Konzerts packen selbst die notorischsten Handyfilmer ihre Geräte während des Songs in die Hosentasche.
Nach der kurzen Verschnaufpause ist wieder Vollgas angesagt. The Sleeping Souls kommen wieder zurück auf die Bühne und zocken mit Frank Turner durch die zweite Hälfte des Programms. Ob nun „If I ever stray“, „One Foot before The other“ oder zum Ende des regulären Sets „Recovery“, Bielefeld ist bei jedem Song textsicher und feiert gemeinsam mit der Band eine schweißtreibende Party. Als es dann plötzlich nach eineinhalb Stunden schon Zugabe heißt, kann man gar nicht recht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Für das Encore, bestehend aus „The Ballad of me and my Friends“, „I still believe“ und „Four Simple Words“, geben Frank Turner und The Sleeping Souls noch einmal alles. Das Publikum dreht ebenfalls noch einmal voll auf, schließlich dauert es bis zur nächsten Clubtour noch wieder eine ganze Weile. Arme hoch, hüpfen, tanzen und mitsingen bis die Stimmbänder nachgeben. Etwas anderes hat Frank Turner für diesen gelungenen energetisch berührenden Abend auch nicht verdient.
Mehr Fotos gibt’s hier.
Setlist Frank Turner
1. Photosynthesis
2. Plain Sailing Weather
3. Peggy Sang the Blues
4. Losing Days
5. Try This at Home
6. Glory Hallelujah
7. Reasons Not to Be an Idiot
8. The Way I Tend to Be
9. Wessex Boy
10. Eulogy
(Frank solo – German version)
11. Tell Tale Signs
(Frank solo)
12. Get Better
(Frank solo – new song)
13. I Am Disappeared
(The Sleeping Souls join in … more)
14. The Road
15. If Ever I Stray
16. Polaroid Picture
17. I Knew Prufrock Before He Got Famous
18. One Foot Before the Other
19. Long Live the Queen
20. Recovery
21. Encore:
22. The Ballad of Me and My Friends
23. I Still Believe
24. Four Simple Words