Es ist wieder Popsalon-Zeit! Vermisst habe ich ihn, weil ich im letzten Jahr leider nicht dabei sein konnte. Am gestrigen Donnerstag öffnete das gemütliche Indoor-Festival in Osnabrück zum vierten Mal sein Pforten und feierte mit Auftritten von Patrick Richardt und HONIG in der Lagerhalle, sowie Der Liga der gewöhnlichen Gentlemen in der Kleinen Freiheit, einen schönen musikalischen Auftakt für das große Festival-Wochenende.
Eine kurze Sache vorweg: Gute Fotos gibt es voraussichtlich erst ab Sonntag! Bitte habt soweit Geduld.
Los geht es mit dem Singer-Songwriter Patrick Richardt. Etwas zerzaust und abgehetzt komme ich mit meinem Fotogepäck in der Lagerhalle an. Das schönste am Popsalon ist, dass ich so ziemlich alle Locations von zu Hause aus in 10 Minuten zu Fuß erreichen kann. Allerdings leidet da eben schon mal die Frisur, wenn das Wetter nicht ganz mitspielt. Oder man einfach zwischen Arbeit, Geburtstag der Oma und Konzert keine Zeit mehr hat, sich Festival-fein zu machen.
Aber so what. Alle mädchenhaften Frisur-Probleme sind gegen kurz vor halb neun vollkommen vergessen, als Patrick Richardt zunächst allein die Bühne im großen Saal der Lagerhalle betritt. Mit seiner etwas rauen, außergewöhnlichen Stimme singt er sich, später von seiner Band begleitet, nach bester Liedermacher-Manier eine gute Stunde lang quer durch sein Album „So wie nach Kriegen“. Es läuft nicht alles ganz glatt – der Bassist fabriziert fast einen „braunen Ton“, hin und wieder quietscht es mal von irgendwo. Aber bei Patrick Richardts sympathischem Auftreten ist das auch alles vollkommen egal. Wer will schon ein komplett glattgebügeltes Konzert sehen? Da könnte man ja schließlich auch gleich allein die CD hören.
Das nicht perfekte unterstreicht auf charmante Art und Weise die tiefgründigen Texte des 24-jährigen Krefelders. Zwischen den Stücken unterhält er das Publikum mit kleinen Anekdoten rund um die Entstehung seiner Songs. So verrät er, dass er beim Schreiben häufig konfuse Bilder im Kopf hat, die er dann versucht in seinen Texten umzusetzen. Ein Bild war das einer Hexe, die mit brennenden Peitschen ein Eichhörnchen jagt. Leider hat es das Stück dann nicht auf das Album geschafft. Verdammt. Die Geschichte hätte er nicht erzählen dürfen – ich und alle anderen um mich herum sind jetzt neugierig und wollen unbedingt den Hexensong hören. Den spielt er aber nicht. Bedauernswert. Wir werden wohl leider nie erfahren, wie sich dieses Stück wohl angehört hätte.
Nach kurzer Umbau- und Getränkepause geht der Abend in der Lagerhalle schließlich mit HONIG weiter. Der Name klingt komisch, der Herr Singer-Songwriter Stefan heißt allerdings wirklich so, wie er betont, als er mit seiner Band im Schlepp die Bühne betritt. Ein bisschen nervös ist er. Er habe sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass wirklich Menschen zu seinen Konzerten kommen. Und wie sie kommen. Der Raum ist für einen Donnerstagabend ordentlich gefüllt und man lauscht entspannt dem schönen, englischsprachigen Singer-Songwriter-Pop mit Folk-Einschlag, den der Düsseldorfer auf der Bühne da von sich gibt. Songs aus den beiden Alben „Treehouse“ und „Empty Orchestra“ stehen auf dem Programm. Wie Patrick Richardt erzählt auch Stefan Honig zwischen den Stücken gerne mal einen Schwank aus seinem Musikerdasein. Und Band und Publikum verstehen sich. Oder auch nicht. HONIGs Witze kommen nicht richtig an, aber trotzdem lacht man miteinander. So sehr, dass ein Song mehrere Anläufe braucht. Lachkrämpfe und Situationskomik sind eben unbezahlbar.
Nach knapp er Hälfte des Sets packe ich meine Sachen zusammen und mache mich auf den Weg gen Kleine Freiheit. Gerne hätte ich noch weiter mit dem Herrn Honig gelacht und seiner Musik gelauscht, doch wie es bei Festivals nun mal so ist, kann man dank Überschneidungen nicht alles haben. Zumindest, wenn man denn dann auch noch die Liga der gewöhnlichen Gentlemen am alten Güterbahnhof sehen möchte. Zu dieser Band habe ich schließlich eine ganz besondere Beziehung. Vor knapp einem halben Jahr saß ich bei einem großen Medienkonzern in Berlin im Vorstellungsgespräch für ein großes Musikmagazin und mir wurde das neue Heft vorgelegt. Willkürliche Seite, Konzertankündigungen. Die erste Band, die ich NICHT kannte, war… ja, genau. Die Liga. Also muss ich diesen furchtbaren Fauxpas heute unbedingt ausbügeln.
Mit etwas Verspätung legt die Hamburger Spaß-Truppe gegen kurz vor 23 Uhr auch endlich los. Und ab dem ersten Ton bereue ich, diese Band nicht damals schon gekannt zu haben. Partymucke, trockener Norddeutscher Humor und jede Menge gute Stimmung verbreitet die Truppe da per Gitarre, Bariton-Saxophon, Schlagzeug, Bass und Gesang in der alten Güterbahnhofskantine. Gunther Gabriel haben sie ganz speziell auf dem Kieker und auch Bernd Begemann wird nicht geschont. Der hat den Jungs nämlich angeblich eine gebrauchte Gitarren-Amp verkauft – die diesen Auftritt leider nicht überlebt hat. Schon zu Beginn des zweiten Songs stürzt diese von einem großen Verstärker hinunter und zerschellt in ihre Einzelteile. Ein zu kurzes Kabel war Schuld. Erstaunlich: Das Ding gibt immer noch Töne von sich. Amp-Witze werden zwangsläufig zum Running Gag des späten Abends. Trotz des Malheurs spielen die Jungs munter weiter und beschließen den Popsalon-Donnerstag vor vollem Haus mit besten tanzbaren Rock’n’Roll-Klängen.
Heute Abend geht es weiter mit Luca, Sophie Hunger, Käptn Peng, Bizarr, Retro Stefson, Thomas Azier und Cosmo Jarvis. Ich bin gespannt, wen ich letztendlich wirklich hören werde.
„Bizarr“ finde ich sehr gut!