Silbermond sind erwachsen geworden: Nachdem ihr letztes Album konsequent die Erwartungen der Fans bediente, erobern sie mit „Himmel auf“ neue Gefilde – ohne sich dabei untreu zu werden.
„Durch die Nacht“ und „Symphonie“ hießen die ersten schmachtenden Rockballaden von Silbermond, mit denen die Bautzener Band ihren medialen Durchbruch schaffte. Das ist acht Jahre her. Inzwischen ist Silbermond längst ein fester und groß gefeierter Bestandteil des deutschsprachigen Musik-Mainstreams. Zahlreiche große Musikpreise, Top-10-Hits, Schallplatten in Gold und Platin, ausverkaufte Touren. Statt kleiner Clubs füllt die einstige Schülerband längst die großen Arenen der Republik, im Mai geht es auf eine kleine Europa-Tour. Eine regelrechte Bilderbuchkarriere.
Doch auch Bands mit Bilderbuchkarrieren haben ihre kreativen Krisen, die bewältigt werden müssen. Vergangene Woche veröffentlichten Silbermond ihr viertes Studioalbum „Himmel auf“. Eine Platte, bei der sich Sängerin Stefanie Kloß, Bassist Johannes Stolle, Gitarrist Thomas Stolle und Schlagzeuger Andreas Nowak entscheiden mussten, ob man sich weiter auf altbewährtes verlässt, sich an den Erwartungen der Masse orientiert, oder ob man nicht doch neue Wege beschreiten will.
Die Band hat sich offenkundig für die neuen Wege entschieden. Während das vorige, überaus erfolgreiche Album „Nichts passiert“ stellenweise so klang, als ob die Band fast schon krampfhaft die Erwartungen ihrer Fans erfüllen wollte, klingt „Himmel auf“ erfrischend freier und luftiger. Man möchte fast schon sagen erwachsener. Dabei beginnt Silbermonds Reise zum aufreißenden Himmel fast altbewährt, ganz Silbermond-typisch mit der melodiösen, eingängigen Rocknummer „Unter der Oberfläche“, die allerdings, mit Synthies und Chören angereichert, schon auf die neuen Wege schließen lässt. Es klingt fast so, als hätten Silbermond hier mit Coldplay und der Rockband The Killers angebandelt. Diesen Eindruck hat man bei dieser Platte nicht nur einmal.
Silbermond probieren sich neu aus, experimentieren mit indie-elektronischen Elementen und neuen Effekten, haben auf dem Weg gar ausprobiert, den Schlagzeug-Sound mit einem Mikrofon auf einer Damentoilette einzufangen. Unterwegs entfernen sie sich zur willkommenen Abwechslung immer weiter von ihrem ursprünglichen Deutschrocksound. Was davon bleibt sind die eingängigen Melodien, die Emotionalität und Authentizität der Band, mit der sie viele ihrer Anhänger in den letzten Jahren so sehr an sich binden konnten. Silbermond gelingt es, sich mit „Himmel auf“ neu zu erfinden, aus ihrer eigenen, eingefahrenen musikalischen Routine auszubrechen.
Ihren neuen Stücken tut dieser Ausbruch hörbar gut. Statt krampfhaft auf auf authentisch getrimmte Rocknummern und herzzerreißende Balladen zu setzen, verleiht der Ausflug in andere Gefilde den neuen Titeln eine ganz eigene Größe und Tiefe. Eigentlich recht passend, denn trotz aller neuentdeckten musikalischen Spielereien, neuer Sounds und neuer Wege halten Silbermond zumindest an einem Format fest. Auch „Himmel auf“ liefert die für Silbermond nahezu obligatorischen Pop-Hymnen. Dabei kratzen einige auch im neuen Gewand an den Grenzen zu Pomp und Kitsch, aber ein paar typische Eigenheiten kann und sollte man wohl einfach nicht ablegen.
Auch textlich bleiben sich Silbermond treu. Man setzt auf bewährte Rezepte und erprobte Themen: Gefühle, Alltag, Gesellschaftskritik und die Krisen dieser Welt. Wie gewohnt ist alles in leicht verdauliche, anschauliche Bilder verpackt, ohne dabei im Plattitüden-Sumpf zu versinken oder sich etwa in verkopften Wortspielereien zu verlieren. Dieses mal eben alles nur eine Spur erwachsener als früher.