Johannes Oerding macht Popmusik. Er unterhält, macht seine Fans mit seinen lebensnahen Texten und seinen eingängigen Melodien glücklich. Zurzeit tourt der gebürtige Rheinländer mit seinem aktuellen Album „Boxer“ im Gepäck durch die Lande. Am 11.11. ist er in Osnabrück im Rosenhof zu Gast. Wir haben vorab schon mal mit Johannes gequatscht und ihn zu seinen Fans, seiner Lieblingsmusik und dem Tourleben befragt.
Woher nimmst du die Inspiration für deine Texte?
Das ist unterschiedlich. Vieles kommt so aus mir heraus, wenn mich gerade etwas bedrückt oder beeindruckt. Dann muss ich das einfach aufschreiben. Das ist meine Möglichkeit, das zu verarbeiten. Aber es kommt auch oft vor, dass ich einfach anderen Leuten zuhöre, was die so zu erzählen haben. Ganz egal ob das jetzt Freunde sind, Familie, Bekannte oder ganz Wildfremde, wenn man da genau hinhört, findet man dabei ganz viele Geschichten, in die man sich hineinversetzen kann. Und schon hat man wieder eine gute Idee.
Wie viel Persönlichkeit steckt in deinen Texten? Wie viel hast du davon selbst erlebt, wie viel eher andere?
Entweder habe ich die Geschichte wirklich eins zu eins so erlebt, oder aber ich weiß wirklich, wie es sich anfühlt, wenn man sich frisch trennt oder verliebt. Die meisten Songs hat man aber so erlebt und das sind so die Sachen, die einem selber passiert sind oder über die man nachdenkt.
Wenn du einen Song schreibst, wie musst du da gelaunt sein? Schreibst du eher wenn es dir gut geht oder wenn es dir schlecht geht?
Ich habe überhaupt kein System, muss ich sagen. Manchmal sitze ich abends rum und dann fällt mir eine Zeile ein. Das kann unter der Dusche sein oder im Bett. Dann muss man schnell aufstehen und das irgendwo aufschreiben, damit man das auch wirklich hat. Wenn mir was auf den Sack geht und ich traurig bin, kann ich auch direkt über die Geschichte schreiben. Ich habe jetzt gerade einen neuen Song angefangen. Das war so ein Tag, wo wirklich eine schlechte Nachricht nach der anderen kam. So fängt der Song auch an: „Schlechte Nachrichten kommen selten allein, es scheint als sprächen sie sich ab.“ Da war ich richtig genervt und konnte den Song richtig schön runter schreiben.
Welche Künstler haben dich in deinem Werdegang als Musiker beeinflusst?
Ich habe wie viele andere Jugendliche alles einmal durchgemacht. In der Schulzeit habe ich ganz viel HipHop gehört, auch deutschsprachigen HipHop, dann kam so ein bisschen Soulmusik. Die Klassiker, Stevie Wonder, Michael Jackson, Prince, Otis Redding. Dann kam so eine Phase, wo ich wieder deutschsprachige Künstler gehört habe, auch so Singer/Songwriter, die ganzen alten wie Grönemeyer und Lindenberg. Das hat mich sicherlich auch dazu inspiriert, selber auf Deutsch zu schreiben.
Was hörst du denn aktuell so?
Ich bin da gar nicht auf ein Genre festgelegt, das ist wirklich eine bunte Mischung. Am Ende des Tages ist es mir am wichtigsten, dass mich ein Song flasht oder auf irgendeine Art und Weise berührt. Dann schafft er es auch auf meinen iPod. Gerade ist da zum Beispiel Stevie Wonder, Udo Lindenberg, Jeff Buckley, Radiohead, Michael Jackson, Amos Lee, Paolo Nutini, The Script, Prince, Adele. Ganz viele unterschiedliche Sachen.
Du hast in den letzten Jahren schon so einige, eigene ausverkaufte Konzerte gespielt, warst aber auch als Support für ganz große Acts unterwegs. Was gefällt dir besser? Deine eigenen Fans zu „beglücken“ oder ein neues Publikum von einer riesigen Bühne aus mitzureißen?
Ich finde es natürlich geiler, eigene Konzerte zu spielen. Die Leute kommen wegen der eigenen Songs und singen die mit. Man wird für die ganze harte Arbeit belohnt. Als Support zu spielen ist dagegen immer eher eine Herausforderung. Du weißt vorher nicht, ob die Leute es geil finden oder ob du vielleicht eine Flasche Bier an den Kopf geschmissen kriegst. Deshalb gibst du dir dann extrem viel Mühe, denn du willst die Leute ja dazu bringen, später zu deinen eigenen Konzerten zu kommen. Bisher ist mir das eigentlich immer ganz gut gelungen.
Was ist an deinen eigenen Konzerten das Besondere?
Da ist für Jeden was dabei. Man kann da lachen, man kann da weinen, man kann sich in den Arm nehmen, man kann sich neu verlieben, man kann laut sein, man kann die Augen zu machen, die ganze Gefühlspalette ist an so einem Abend dabei. Dazu klingt jeder Song von unserer Platte live auch anders, weil wir vieles umarrangiert haben. Oft denken wir uns auch ein lustiges Medley aus. Da kommt dann schon mal plötzlich Billy Jean in einem Song vor, sowas eben. Ein Konzert muss sich meiner Meinung nach von der Platte abheben und ein ganz anderes Erlebnis sein, damit die Leute auch Bock haben, wieder zu kommen.
Worauf freust du dich bei dieser Tour am meisten?
Ich freue mich in erster Linie am meisten darauf, überhaupt endlich wieder auf Tour zu sein. Es gibt für mich nichts schlimmeres, als einen Monat lang in Hamburg zu Hause zu sitzen. Das war jetzt so. Ich hatte so viel Freizeit und wusste gar nicht, was ich machen sollte. Insgeheim konnte ich es gar nicht abwarten, endlich wieder „auf Klassenfahrt“ zu sein. Du bist die ganze Zeit mit deinen Freunden unterwegs, machst das, was du liebst, nämlich Musik, schläfst abends im Hotel und musst morgens nicht dein Zimmer aufräumen. Besser geht’s nicht.
Die meisten Künstler haben einige eingefleischte Fans, die immer wieder auf Konzerte gehen und die ersten Reihen belagern. Ist das bei dir auch so?
Es gibt Fans der ersten Stunde, die das zu ihrem Hobby gemacht haben. Das finde ich total geil. Die fahren viele hundert Kilometer zu den Konzerten und sind quasi immer dabei. Die gucken sich so viele Konzerte an, dass sie eigentlich manche Moderationen fast schon mitsprechen können müssten. Aber das schöne ist ja, dass bei meinen Konzerten immer wieder etwas anderes und etwas Neues passiert, zumindest sagen sie das, und deshalb kommen sie immer wieder, weil eben jedes Konzert was Besonderes ist. Ich finde das toll. Da ich ja medial gesehen eigentlich gar nicht so bekannt bin, läuft bei mir vieles über Mund zu Mund-Propaganda und dazu braucht man natürlich viele treue Fans.
Wie ist das für dich, dann fast jeden Abend die gleichen Leute zu sehen?
Das sind alles nette Menschen und irgendwie gehören die schon mit zum Inventar. Man kennt sich mittlerweile. Ich freue mich dann immer darüber, dass da scheinbar so eine große Bindung zwischen der Musik und den Menschen besteht, dass sie diesen Aufwand auf sich nehmen. Wir haben aber auch keine Stalker, die dann rumnerven, sich im Tourbus verstecken oder sowas.
Das Musikvideo zu „1000 Menschen“ besteht aus ganz vielen Fan-Videos. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Die Idee hatten mein Mitbewohner, ein guter Freund und ich in einer lustigen Minute. Wir dachten uns, lass doch mal die Fans was drehen, dann haben wir weniger Arbeit (lacht). Nein, ich weiß, dass die Fans wahnsinnig aktiv und auch kreativ sind. Das hat wirklich gut funktioniert. Wir haben unter allen Teilnehmern Wohnzimmerkonzerte verlost und haben wirklich wahnsinnig viel geiles Zeug geschickt bekommen. Das lief jetzt sogar schon bei MTV.
Wie wichtig ist dir das, deine Fans in solche Aktionen einzubinden?
Ich habe das ehrlich gesagt noch gar nicht so oft gemacht. Bisher war ich immer eher faul, was solche Facebook-Aktionen anbelangt. Oder auch T-Shirts zu machen, das habe ich jetzt erst auf die Reihe bekommen. Aber man merkt jetzt auch, dass es den Leuten total Spaß macht und ihnen es viel bedeutet, bei solchen Aktionen wie dem Video mitzumachen. Von daher werden da in Zukunft sicher noch ein paar andere lustige Aktionen kommen.
Viele Medien stellen dir immer wieder Fragen zu deinem Privatleben, speziell zu deiner Beziehung zu Ina Müller. Wie geht’s dir damit? Wie findest du es, dass viele versuchen, Privates in die Öffentlichkeit zu zerren?
Eigentlich ist das recht entspannt. Es kommt ja immer darauf an, wie man darauf angesprochen wird oder ob es die einzige Sache ist, die denjenigen interessiert. In Deutschland gehört dieser Feenstaub auch einfach mit dazu, wenn man ein bisschen bekannt ist. Man hat es ja selber in der Hand, was man dazu sagt. Man kann sich dazu äußern und ewig lange Interview s in der Bildzeitung geben, oder man sagt einfach gar nichts. Letzteres ist dann eher meine Strategie.