Am 25. März ist Cluesos neues Album „An und für sich“ erschienen. Viel Zeit hat er sich mit der neuen Platte gelassen. Ich durfte mit dem sympathischen Erfurter telefonieren und mich mit ihm über sein neuestes Werk unterhalten.
Du hast im Dezember entschieden, dein Album auf März zu verschieben. Wie kam‘s dazu?
Man kann viel planen und kalkulieren, aber wenn das Album nicht fertig ist, ist es nicht fertig. Ich schreibe am liebsten so, dass nicht ich entscheide, wann das Album fertig ist, sondern das Album selbst.
„An und für Sich“ – Wie geht‘s dir jetzt mit dem Album?
Streckenweise fordert mich das Album und an manchen Ecken stolpere ich auch. Die kleinen Stolperfallen habe ich mir aber selber eingebaut. Mir macht es Spaß, die Strecke mit verbundenen Augen zu rennen, hinzufliegen und dabei Neues zu entdecken. Ich finde es wesentlich urbaner und verspielter als den Vorgänger. Ich habe versucht, alles was ich an den Alben vorher gerne besser gemacht hätte, frech in dieses Album zu packen. Alles ist so, wie es mir gefällt. Darauf bin ich wahnsinnig stolz.
Was steckt eigentlich hinter dem Albumtitel – „An und für sich“?
Für mich ist „An und für sich“ ein Kosmos an Erklärungen, den meine Freunde erst nicht verstanden haben. Geiles Album aber komischer Titel (lacht). Ich hab‘s dann versucht zu erklären. Ich kann meine Musik bis heute nicht definieren, die steht einfach für sich. Ich mache es aber nicht mehr nur für mich ausschließlich, ich mache es auch für die Musik, die kommt. Wenn der Song kommt, dann muss ich ihn einfach machen bis er fertig ist, bis er für sich steht. Deshalb ist das ganze auch etwas an mich selbst adressiert. Man macht das Album an und hört sich selbst. Da sind tausend Dinge drin. Ich kann da so viele Seiten immer wieder neu aufklappen und noch ganz viel erzählen, weil ich jedes Mal wieder Neues in dem Namen entdecke. Ich habe sehr viel Spaß daran, wenn Leute etwas lesen und dann für sich etwas daraus ziehen müssen. Wenn man dann noch die Redewendung im Internet sucht, findet man, dass sich sogar schon Philosophen über diese Redewendung gestritten haben. Da kommt das weltliche und das menschliche zusammen, an sich, für sich. Ich finde das toll.
Woher nimmst du die Inspiration zu deinen Songs?
Die Hauptinspiration nehme ich von meinen Mitmenschen. Ich höre gerne zu, bastele gerne mit ihnen zusammen an neuen Sachen und rede mit ihnen über Gefühle, schwierige Situationen und Ideen.
Hast du auf dem Album einen Song, der dir besonders am Herzen liegt?
Das schwankt jeden Tag. Das ist so ein Album geworden, dass man erst mal einen Tag weg legt, wenn man es gehört hat, weil man danach echt satt ist. Dann macht man es einen Tag später wieder rein und freut sich. Ich freue mich bei „Die Straßen sind leer“ über den Elektrobeat, der viel zu lang ist. Ich mag „Beinah“, weil er so einfach ist – das ist auch ein programmiertes Stück – nur Drumset, Orgel, Gitarre und Gesang. Ich finde aber auch „Erklär mir“ schön, weil er einfach das Album auf den Punkt bringt. Diese Irrfahrt, bei der man sich fragt, warum man Erfahrungen nicht einfach eins zu eins auf das nächste Projekt übertragen kann. Weil‘s dann einfach langweilig wäre.
Auf deinem Album besingst du „Das alte Haus“. Worum geht‘s da?
Überall in den Städten werden diese angeblich tollen neuen Wohnungen beworben. Dafür werden aber Häuser abgerissen, die eine viel größere Geschichte erzählen und eigentlich mehr Charme haben. Ich finde, dass dadurch Raum flöten geht, in dem Kreativität entsteht. Die Städte verlieren ihr Geheimnis und das ist sehr gefährlich.
Kannst du dir vorstellen, zusammen mit Max Herre ein ganzes Album aufzunehmen?
Kann ich mir sofort vorstellen, müsste man nur die Zeit für finden. Vielleicht passiert das ja auch mal irgendwann.
Hast du ein spezielles Ritual, bevor du auf die Bühne gehst?
Wir schreien alle zusammen „Raketenpuller!“ – Lustige Geschichte: Der kleine Sohn von einem Musikerkumpel hatte nen Ständer und gesagt „Guck mal Papa, Raketenpuller“. Wir haben uns weg geschmissen, als er uns das erzählt hat. Seitdem ist das unser Schlachtruf.
Welche Musik hörst du privat?
Alles mögliche, querbeet. Ich mag zum Beispiel The Black Keys oder Veto. Der Soundtrack von „Up in the Air“ ist zum Runterkommen aber auch richtig cool.
Letztes Jahr warst du mit der StÜBA-Philharmonie unterwegs. Planst du wieder so etwas?
Nächstes Jahr vielleicht wieder. Ich muss die StÜBA dieses Jahr ein bisschen an den Rand drängen. Ich habe aber tierisch Bock, wieder mit denen zu spielen. Jetzt habe ich noch ein Jazztrio, mit dem wir jetzt eine kleine Radiotour machen. Da werden wir dann auch vielleicht Spontan-Gigs in Cafés geben. Haltet die Augen offen.
Foto: Tino Sieland