Interview mit Liquid Lightning: Man darf sich nicht zu ernst nehmen

Talentierte Newcomer-Bands gibt es wie Sand am Meer, könnte man meinen. Hin und wieder stechen einige echte Perlen aus dem großen Konglomerat aus all den Schülerbands, Träumern und Wannabes hervor. Dazu gehört auch die Düsseldorfer Band Liquid Lightning. 2009 gegründet, gewannen sie mit ihrer Mischung aus Pop und Rock mit elektronischen Spielereien auch schon im selben Jahr das Bundesfinale des Local Heroes Bandwettbewerbs und supporteten 2012 die Mainzer Band Auletta. Im Januar ist ihr Debütalbum Wave and Smile an den Start gegangen, das neugierig macht. Ich habe  Sänger/Keyboarder Davis und Bassist Daniel vor ihrem Konzert im Big Buttinsky in Osnabrück zum Interview getroffen.

LEISE/laut: Blitzvorstellung, wer seid Ihr und was macht Ihr?
Daniel: Wir sind Liquid Lightning und die meiste Zeit machen wir Musik. Wir versuchen, das einfach megagut zu machen (lacht). Nein, ich bin Daniel und spiele Bass, das ist unser Sänger Davis. Wir spielen gefühlt schon hundert Jahre zusammen und haben total lange an unserem Album gearbeitet, damit es perfekt wird. Und es ist perfekt geworden (lacht). Naja, kann etwas überhaupt perfekt sein? Ich weiß es nicht.
LEISE/laut: Wie habt Ihr Euch als Band zusammengefunden?
Davis: Ich kenne unseren Gitarristen Tim schon seit dem Kindergarten. Wir haben immer schon mal zusammen Musik gemacht, dann auch in unterschiedlichen Bands gespielt. Liquid Lightning gibt es jetzt als echte Band seit 2009. Damals haben wir uns mit Olli und Daniel zusammengetan, um die beste Band ever zu gründen (lacht). Es lief aber auch echt direkt von Anfang an super.
LEISE/laut: Also seid Ihr in den Proberaum gegangen und es hat sofort gepasst?
Davis: Nein, das nicht unbedingt. Wir mussten ja erst mal gucken, was wir mit unserem Geschmack machen können und wo die Reise hingehen soll. Wir haben aber schnell einen Konsens gefunden und hatten auch schnell die Chance, auf relativ großen Bühnen aufzutreten. Wir hatten von Anfang an ein richtiges Band-Feeling. Bei anderen dauert das oft Jahre, bis sich das überhaupt entwickelt.
LEISE/laut: Ihr musstet also einen Konsens finden, was die Musikrichtung angeht?
Davis: Ja, das geht bei uns nämlich ziemlich auseinander. Wir konnten uns darauf einigen, dass wir alle Muse ganz cool finden und Sachen, die so in die Richtung gehen. Ein bisschen Elektronik, etwas experimentell. Aber wir sind wesentlich poppiger als das. Wir versuchen, wirklich schöne Melodien zu schreiben.
Daniel: Wir wollen auch nicht so abgehobenen Kram machen. Ich persönlich stehe zwar total auf so Frickelmusik, bin unfassbar großer Radiohead-Fan, aber wir wollen gar nicht diesen ganzen Avantgarde-Kram machen. Das hören dann nachher nur Leute, die sich schon seit Jahren Musik beschäftigen. Der Rest hätte dann ja gar keinen Zugang dazu. Uns ist es wichtig, auch die Leute anzusprechen, die einfach nur Musik hören wollen, und trotzdem die Elemente, die uns wichtig sind, mit einzubringen. Und trotzdem unseren musikalischen Ansprüchen gerecht zu werden. Da haben wir zusammen mit unserem Produzenten Thomas Hannes für Wave and Smile echt einen schöne Lösung gefunden.

LEISE/laut: Ihr habt Muse und Radiohead erwähnt. Welche Musik hat Euch noch beeinflusst?

Davis: Ich finde es schwierig, das genau einzugrenzen. Mittlerweile sind wir doch schon recht weit weg von den einzelnen Einflüssen. Unser Gitarrist Tim hat einen super breit gefächerten Musikgeschmack, von Country über Minimal Electro bis hin zu Filmmusik. Bei mir ist das ganz ähnlich. Ich höre einerseits viel elektronische Musik aber genauso gerne krasse Rocksachen. Wenn wir uns beeinflussen lassen, nehmen wir immer nur ganz kleine Teile. Wenn ich jetzt sage, dass Muse uns beeinflusst haben, werden die meisten das gar nicht hören, außer vielleicht an ein oder zwei Stellen. Wir wollen ja auch nicht wie eine Version von Muse klingen, sondern unseren ganz eigenen Sound haben.
Daniel: Wir haben in den letzten Jahren alle diesen Prozess durchgemacht, in dem man sich von der jugendlichen Konvention befreit, immer nur eine Musikrichtung zu hören und alles andere doof zu finden. Letztendlich geht es doch nur um kreative Musik und wir wollen einfach kreative Musik machen. Es gibt super Rockplatten, super Popplatten, super Jazzplatten, super Punkplatten und natürlich großartige klassische Musik. Die ist natürlich auf einem ganz anderen Niveau. Jede Musikrichtung hat ihre Sternstunden.
LEISE/laut: Was ist jetzt das Besondere am Liquid Lightning Sound?
Davis: Wir haben es geschafft, eine sehr, sehr gute Kombination aus Rock, Pop und frickeligen Elektronik-Elementen entstehen zu lassen. Oft hat man eine Rockband, die einfach Elektro auf die Musik klebt. Oder man hat ein Elektro-Set, das aber einen Live-Drummer dabei hat. Bei unserem Album haben wir es wirklich geschafft, eine Pop-Platte zu machen, wo das alles wirklich nahtlos ineinander über geht. Wir haben eben nichts irgendwo drauf gesetzt, weil es gerade in ist oder so. Bei uns steht der Song im Vordergrund. Die Vermischung der Genre passiert einfach, weil wir immer alles live einspielen und viel experimentieren.
Daniel: Wir haben es mit dem Album geschafft, einen ganz eigenen Sound zu finden, der ernstzunehmend ist, aber gleichzeitig nehmen wir uns mit der Platte selbst nicht zu ernst. Es gibt immer humoristische Einflüsse, denn meine Fresse, so Ernst ist das alles auch wieder nicht.
LEISE/laut: Ihr habt also Humor. Welche Bedeutung hat da der Albumtitel „Wave and Smile“ für Euch?
Davis: Man muss und darf eben nicht alles Ernst nehmen. Lächeln und winken kann ja neben einfach gut drauf sein auch genau das „alles nicht zu ernst nehmen“ widerspiegeln. Es gibt auf dem Album viele Elemente, die einfach zum Schmunzeln oder Lächeln da sind. An einigen Stellen, wenn wir zum Beispiel Autotune benutzen, machen wir uns über uns selbst lustig. Ich brauche das Zeug ja nicht, wir wollen nur übertreiben. Das ist eigentlich recht offensichtlich. Manche Kritiker kommen damit nicht zu Recht, verstehen die Anspielungen nicht und nehmen das alles viel zu Ernst.
LEISE/laut: Ihr habt 2009 den Local Heroes Bandwettbewerb auf Bundesebene gewonnen. Keine kleine Sache, aber so richtig passiert ist danach erst einmal nichts. Was war das für ein Gefühl?
Davis: Wir haben in dieser Zeit unfassbar viel gelernt, gerade was Professionalität angeht. Andererseits sind wir da sehr schnell hineingestolpert, haben super gespielt und gleich gewonnen. Danach haben alle von uns ein Album erwartet, aber wir hatten natürlich nichts. Immerhin wussten wir dann schon mal, dass wir die Leute mit unserer Musik begeistern können. Aber wir mussten uns überhaupt erst einmal darüber klarwerden, wo wir mit der ganzen Sache überhaupt hin wollten. Das war ein großer Reifeprozess für uns als Band, den wir durchlaufen mussten.
LEISE/laut: Wo wollt Ihr denn hin?
Davis: Mit dem Album haben wir es jetzt schon mal geschafft, unseren Sound zu finden. Dieses Jahr wollen wir auf jeden Fall so viel wie möglich live spielen. Wir wollen sehen, wie die Songs beim Publikum ankommen, denn da waren wir uns nicht so sicher. Bisher hat das aber erstaunlich gut geklappt. Das dumme ist leider, dass einem als kleiner Band die beste Platte nichts nützt, weil sie fast niemand kennt. Sich eine Fanbase aufzubauen kostet viel Zeit und Kraft. Wir wollen, das möglichst viele Leute unsere Songs hören.
Daniel: Und das geht eben am besten mit Konzerten. Da müssen wir in den kleinen Läden eben jeden Einzelnen überzeugen. Und das ist der Weg, er funktioniert. Die Leute tanzen. Wir wollen auf die Bühnen, wir wollen uns weiter hoch beißen.
LEISE/laut: Was sind so die Momente, die Euch an Eurem Traum festhalten lassen?
Daniel: Gestern in Berlin. Man ist in einem Club, in dem man noch nie zuvor gewesen ist, spielt vor Leuten, die man noch nie zuvor gesehen hat. Man beginnt das Konzert und alle stehen verhalten am Rand. Aber später, wenn man das Konzert beendet, ist die Stimmung bombig. Alle tanzen und feiern. Das ist es. Das ist das Brot. Darum geht’s.
LEISE/laut: In welchen Momenten wollt Ihr hinschmeißen?
Davis: Gerade das Touren ist unglaublich zeit- und geldaufwändig. Kleine Clubs, kleine Gagen. Man schläft in komischen Betten, hat wenig zu Essen. In den Momenten will man jetzt nicht unbedingt hinschmeißen, aber das zehrt schon an einem. Dann gibt es aber noch die Gigs, die den Veranstaltern vollkommen egal sind, es gibt keine Werbung und man spielt vor 10 Leuten. Da fühlen sich die Leute verarscht und für uns ist das dann auch nicht cool, wenn wir dafür gerade über 300 Kilometer gefahren sind, eine halbe Stunde spielen und dann schon wieder gehen müssen. Das ist anstrengend.
LEISE/laut: Was ist Euer Traumziel?
Davis: Unser Schlagzeuger Olli sagt immer: „Jungs, wenn wir irgendwann in Argentinien vor 300.000 Leuten spielen, dann hören wir auf.“ Er hat da so eine DVD. (lacht)
Daniel: Es wäre cool, irgendwann mal nicht mehr draufzahlen zu müssen, sondern vielleicht auch mal die Miete davon bezahlen zu können. Und danach kommt Argentinien (lacht).
LEISE/laut: Was macht ihr denn „nebenberuflich“?
Daniel: Wir studieren, jobben oder machen eine Ausbildung. Davis studiert Maschinenbau, unser Schlagzeuger hat Physik studiert, Tim arbeitet in einer Firma und ich werde demnächst Erzieher. Das nimmt den Druck, mit der Band erfolgreich sein zu müssen. Wir könnten auch einfach so weitermachen wie bisher.

www.liquid-lightning.de

Fotos: Liquid Lightning (oben), Rest Katharina Leuck

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