Ich schiebe keine Wolken weiter – Ein Manifest gegen die Dorfzensur

Wir sind in Deutschland. Theoretisch herrscht hier ja eigentlich Meinungs- und Pressefreiheit. Leider muss man als angehender Journalist immer häufiger einen Spagat zwischen journalistischen Berichten und reinen PR-Beiträgen machen. Im besten Fall findet man dabei ein gesundes Mittel, das man mit seinem journalistischen Gewissen vereinbaren kann. Manchmal tut so ein Spagat weh, und manchmal ist er eigentlich unmöglich. Trotzdem wird man aus verschiedenen Gründen dazu gezwungen. Man könnte einfach den Mund halten, aber dieses sich immer weiter verbreitende Phänomen der Dorfzensur kann so nicht weiter gehen. Es kann nicht sein, dass irgendwelche Dorfzensoren durch die Gegend laufen und teilweise sogar erfolgreich dafür sorgen, dass letztendlich die Pressefreiheit in ihrem Minimalkosmos eingeschränkt wird. Wo so etwas global hinführen kann, zeigen zahlreiche bekannte Beispiele in diversen Ländern dieser Erde. Mein wahrheitsliebendes Bloggerherz rebelliert bei diesem Gedanken so sehr, dass mir der Atem stockt.

Von guten Journalisten erwartet man eine unabhängige Berichterstattung. Diese beinhaltet naturgemäß nicht nur die glänzenden Sonnenstrahlen, sondern auch mal die grauen Regenwolken. „Für dich schiebe ich die Wolken weiter“ funktioniert eben nur symbolisch bei Yvonne Catterfeld, bei gewieften PR-Textern und PR-Beratern oder in gephotoshopten Urlaubskatalogen. Ich bin weder die Catterfeld, noch gehöre ich aktuell zu einer der beiden zuletzt genannten Zünfte. Deshalb regnet, stürmt und schneit es Gott sei Dank hin und wieder auch mal bei mir und in meinen Texten. Praktikern der Dorfzensur schmeckt das nicht – man betrachtet lieber die bearbeiteten Bildchen und den herrlichen Sonnenschein, auch wenn dieser, prozentual gesehen, eigentlich nur von kurzer Dauer war. Die Regenzeit wird kategorisch ignoriert. Wenn es nach ihnen ginge, dürften die Regentropfen auch niemals erwähnt werden. Wenn sie doch erwähnt werden, rückt lieber gleich der Dorfkatastrophenschutz aus. Schade, denn selbst die schönsten Blumen können nur mit Regen wachsen, auch in Dörfern.

Entsprechend möchte ich an dieser Stelle einmal die unzensierte, leicht tröpfelnde Version eines Absatzes, aus einem, wie ich finde, recht banalen Event-Bericht veröffentlichen, in dem wahrheitsbedingt eben auch eine kleine Regenwolke durch das sonst so sonnige Urlaubskatalogbild zog. Das Wölkchen war kein unbedachter Ausrutscher, sondern eine bewusst gewählte Zusammenfassung des allgemeinen Publikumverhaltens und der Reaktionen der betroffenen Personen. Eben die reine, nicht ganz so sonnige Wahrheit. Der Dorfzensur passte dieses Wölkchen nicht, und so wurde der Absatz mit viel Catterfeld-Einsatz und Lärm um nichts letztendlich aus der offiziellen Version eines Berichts entfernt.

„Frei nach dem Motto „Was der B..eler nicht kennt, das wählt er nicht,“ entscheidet sich das Publikum in der Vorrunde für lokale Popularität und nicht unbedingt immer für Qualität. Kandidaten mit zu kleinem Fanclub oder auch von weit her angereiste Teilnehmer wie Sandra aus Thüringen und Patrick aus Osnabrück sind im Grunde genommen von Anfang an chancenlos. Entsprechend gedrückte Stimmung herrscht bei diesen Kandidaten unmittelbar nach dem Vorrundenentscheid. Man hatte sich das Ganze doch wohl etwas anders vorgestellt. “ 


Nach diesem Fall der Dorfzensur bleiben mir eigentlich nur noch folgende Worte:

Liebe Dorfzensur,

der dieser Absatz nicht passt. Ich möchte Sie bitten, an Ihrer Kritikfähigkeit zu arbeiten und für zukünftige Dorfangelegenheiten, bei denen ein Hinweis auf Regen und Schlechtwetterfronten unerwünscht ist, Pressevertreter doch bitte wieder auszuladen und stattdessen eine PR-Agentur zu engagieren, die entsprechend langweilig sonnige Zuckerwattetexte rechtmäßig verfasst. Diese Schreiber können dann auch gerne Yvonne Catterfeld mimen, die Wolken weiter schieben, alles über den grünen Klee hinaus loben und guten Gewissens, ganz so wie im Reisekatalog, auch noch die angenehme, wohlklimatisierte Atmosphäre in der Lokalitäten vor Ort preisen, in denen in Wirklichkeit bei tropischer Hitze das Kondenswasser fast schon von der Decke tropft. Ich hingegen kann das nicht.
Ich bin leidenschaftliche Musikliebhaberin, Volontärin und angehende Journalistin und fühle mich daher nicht nur beruflich, sondern auch durch mein Gewissen, zu Objektivität und Wahrheit verpflichtet. Ich stehe zu meinen Regenwolken und werde es auch weiter regnen lassen, sollten sich wahrheitsgemäß und realitätsbedingt Gewitterwolken auftun.

Hochachtungsvoll,
KDL

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  1. Martyn sagt:

    jaja. die schöne heile welt der berichterstattung. ähnliches lässt sich auch bei rezensionen von musik, film etc. sehen, wo dir „Kontaktperson“ auf der anderen seite, die texte vor veröffentlichung „gegenlesen“ will. in meinem fall schreibe ich sowieso wie mir der schnabel gewachsen ist.

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